Geschichte der Zeitmessung
Ach, wie war das
Leben früher einfach! Wenn das Hahn anfing zu krähen, wusste man, dass
ein neuer Tag anfing. Wenn die Schatten am kürzesten waren, war Mittag.
Und wenn die Sonne unterging, wurde es bald Zeit, sich von den Mühen
des Tages zu erholen.
Doch der Mensch will immer alles genauer wissen. Daher war ihm diese
grobe Einteilung schon vor 5.000 Jahren nicht mehr gut genug. Die
Geschichte von der einfachsten Elementaruhr damals bis zur hochpräzisen
Atomuhr heute könnte allein mehrere Bücher füllen, wofür hier der Platz
fehlt. Daher nur ein kurzer Abriss bis zu Peter Henlein aus Nürnberg,
dem mit dem Bau der ersten Taschenuhren einer der vielen Meilensteine
in der Uhren-Historie gelang (der Vollständigkeit halber weitere
Meilensteine bis in unsere Neuzeit siehe unten).
Schon die alten Ägypter beobachteten den Sonnenlauf sehr genau und
entwickelten die erste Schattenuhr. Diese sehr primitive Zeitmessung,
die allein schon wegen der Jahreszeiten nicht besonders genau sein
konnte, wurde im Mittleren Reich (ca. 2137 bis 1781 v. Chr.) durch
Diagonalsternuhren schon deutlich präziser. Sie gelang durch die
Beobachtung von Sternbildern und hatte erstmals eine Stundeneinteilung
in 24 gleich lange Stunden. Welch bemerkenswerte Leistung des
menschlichen Geistes in jener kulturellen Frühgeschichte!
Ab dem 16. Jahrhundert v. Chr. kamen im Alten Ägypten Wasseruhren in
Anwendung. Das war ein weiterer Fortschritt, denn nun konnte man am
Wasserstand die Zeit unabhängig vom Tageslicht ablesen. Die Redewendung
„Die Zeit ist abgelaufen“ lässt sich darauf zurückführen, denn im alten
Griechenland wurde die Redezeit von Rednern mittels Wasseruhren
begrenzt.
Die alten Römer, die unter anderem Griechenland und Ägypten eroberten,
übernahmen natürlich auch Sonnenuhren und Wasseruhren und verbreiteten
Sie in alle Winkel des riesigen Römischen Reiches. Doch mit dem
Niedergang des Imperium Romanum ging dieses wie auch vieles andere
technische Wissen für Jahrhunderte verloren.
Dagegen folgte in islamischen Ländern eine Blütezeit der
Wissenschaften. Unter anderem wurden große Leistungen in Mathematik,
Astronomie und eben Zeitmessung erzielt. Somit fand auch das Prinzip
der Wasseruhren den Weg zurück nach Europa. Beispielsweise schenkte
Kalif Harun ar-Raschid dem fränkischen König Karl dem Großen im Jahr
807 eine Wasseruhr mit Automaten. Diese Technik und das Astrolabium,
ein Messinstrument zur Bestimmung von Sternenstandpunkten und Uhrzeit,
kamen in den Besitz von Klöstern, den damals praktisch einzigen Orten
von Bildung. Die umständlichen römischen Ziffern wurden allmählich auch
durch die praktischeren arabischen ersetzt, wie wir sie heute noch
kennen.
Etwa
ab dem Jahr 900 kamen in Europa Kerzenuhren auf. Sie brannten in
einer bestimmten Zeitdauer ab, wobei man anhand von Markierungen die
abgelaufene Zeit ablesen konnte. Wie Wasseruhren konnten sie unabhängig
vom Tageslicht benutzt werden, waren aber einfacher im Umgang und
leichter verfügbar.
Im Mittelalter kamen Kirch- und Stadttürme auf, die zwar meist noch
keine Zeitanzeige hatten, aber durch eine Vielzahl von Glockenschlägen
das mittelalterliche Leben bestimmten (Gebetszeiten, Gottesdienste,
Öffnung und Schießung der Stadttore, Gerichtszeiten und Markttage usw.).
Es gibt in der Menschheitsgeschichte Erfindungen, die epochal waren,
aber niemand weiß, wer zuerst darauf kam. Berühmtestes Beispiel: das
Rad. Und so verhält es sich auch mit der sog. Hemmung, durch die die
Entwicklung der Räderuhr erst ermöglicht wurde. Wahrscheinlich geschah
es in Italien um 1300.
Der Türmer war im frühen Mittelalter ein wichtiger Beruf und die
Räderuhr erleichterte ihm die Arbeit sehr. Anfangs befand sich die
Türmeruhr in seiner guten Stube, später wurde aus der Türmeruhr die
Turmuhr, die Zeitanzeige wanderte also an den oberen Teil des Turms und
zeigte nun allen die Zeit an. Im 14. Jahrhundert entstanden sehr
schnell viele öffentliche Räderuhren, von denen etwa 500 heute noch
bekannt sind. Monarchen und wohlhabende Bürger ließen sich kleinere
Räderuhren für Eigenzwecke herstellen, wodurch ein Wandel von der
öffentlichen zur häuslichen Uhr erfolgte.
Übrigens entstanden parallel zu Räderuhren ebenfalls im 14. Jahrhundert
auch Sanduhren. Sie sind zwar nur für die Messung von kürzeren
Zeitabständen geeignet, waren aber z. B. in der Schifffahrt sehr
nützlich zur Bestimmung der Reisegeschwindigkeit und zur
Wacheinteilung. Die Herstellungs-Zentren von Sanduhren waren Venedig
und - wer hätte das gedacht? - Nürnberg. Grund: Sie verfügten über
geeignete Sandvorkommen…
Somit ist es eventuell erklärlich, dass ausgerechnet ein Nürnberger die
am Körper tragbare Uhr, also die Taschenuhr, erfand. Räderuhren wurden
anfangs von Schlossern und Büchsenmachern hergestellt. Daraus
entwickelten sich dann spezialisierte Uhrmacher mit eigenen Zünften.
Solch ein Schlossermeister war Peter Henlein, der um 1479 oder um 1485
in Nürnberg geboren wurde. Schon Vater und Großvater waren Schmiede und
Büchsenmacher.
Die Quellenlage aus dieser Zeit ist etwas dünn. Daher ist ungewiss,
wann Henlein die erste Taschenuhr fabrizierte. 1524 hat er laut
Nürnberger Stadtakten 15 Gulden für eine solche erhalten. Bereits 1512
hat ihn aber der Humanist Johannes Cochläus in seiner „Kurzen
Beschreibung Deutschlands“ als Hersteller kleiner, tragbarer Räderuhren
erwähnt. Diese sollen damals schon 40 Stunden gelaufen sein. Eine
dosenförmige Uhr im British Museum in London kann ihm mit hoher
Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden. Und auch eine verschiedentlich
im Internet präsentierte, angeblich 1505 (römisch MDV) datierte Uhr
wird aufgrund des Monogramms PHN mit Henlein in Verbindung gebracht.
Henlein belieferte sogar deutsche Fürsten, stellte auch Großuhren her
und brachte es zu hohem Ansehen und einigem Wohlstand, obwohl er in
jungen Jahren als Schlossergeselle und 1530 jeweils wegen Schlägereien
mit dem Gesetz in Konflikt kam.
Ab dem 16.Jahrhundert nahmen die Erfindungen rasant an Fahrt auf, wie
die folgende Liste zeigt. Letztlich wurden für Wissenschaft und
Raumfahrt hochpräzise Zeitsysteme (Weltzeit, Atomzeit) etabliert, die
durch Zeitzeichensender und Satellitenfunk überall zur Verfügung
stehen. In der Astronomie werden Zeiten bis in die Millionstelsekunde
gemessen, während die Atomuhren der GPS-Satelliten heute besser als
Nanosekunden arbeiten und die Laufzeitmessung elektromagnetischer
Wellen sogar Genauigkeiten von 10−14 erreicht.
Meilensteine der neueren Uhrenhistorie lt. Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Uhr
- Um 1300: erste Nachweise der Räderuhr mit mechanischer Hemmung
- um 1425: Erfindung der „modernen“ Sonnenuhr mit Polstab parallel zur Erdachse
- um 1430: Erfindung des Federantriebs für Federzuguhren
- 1510: „Taschenuhr“ von Peter Henlein (Nürnberger Ei)
- 1583: Entdeckung des Isochronismus durch Galilei
- 1656: nochmalige Entdeckung des Isochronismus durch Christiaan Huygens, Anwendung in der Pendeluhr
- 1667: Anfänge der Uhrmacherei im Schwarzwald
- 1674: Erfindung der Unruh durch Jean de Hautefeuille und Christiaan Huygens
- 1676: William Clement führt den Hakengang ein
- Um 1680: Erfindung der Repetition für Taschenuhren durch Daniel Quare oder Edward Barlow
- 1700: erste Verwendung von Rubinen als Lagersteine
- 1715: Erfindung des ruhenden Ankergangs durch George Graham
- 1730: erste Kuckucksuhr durch Anton Ketterer
- 1756: erste Taschenuhren mit automatischem Aufzug in der Schweiz
- 1759: Lösung des Längenproblems durch John Harrison
- 1775: Erfindung des automatischen Aufzugs für Taschenuhren durch Abraham-Louis Perrelet oder Hubert Sarton
- 1790: Erfindung der Parachute-Stoßsicherung der Unruhwelle durch Abraham Louis Breguet
- 1810/1812: erste Armbanduhr der Welt (von Abraham Louis Breguet)
- 1842: erste Taschenuhr mit Kronenaufzug (Remontoiruhr) durch Adrien Philippe
- 1884: Einführung der Greenwich Mean Time (GMT) als erste allgemein gültige Weltzeit
- 1889: Präzisionszeitmesser von Sigmund Riefler
- 1907: erster funktelegrafischer Zeitzeichensender nimmt in Camperdown, Halifax den Betrieb auf
- 1914: erste Ideen zur automatischen Armbanduhr von John Harwood
- 1927: Quarzuhr von Warren Alwin Marrison
- 1928: Ablösung der Weltzeit von GMT auf Universal Time (UT)
- 1949: Erfindung der Atomuhr
- 1958: Einführung der Internationalen Atomzeit TAI
- 1967: Erfindung der Funkuhr von Wolfgang Hilberg (Telefunken-Patent)
- 1972: Ablösung der Weltzeit von UT auf Koordinierte Weltzeit (UTC)
- 1976: Erfindung der schmierungsfreien Co-Axial-Hemmung durch George Daniels
- 1980: Einführung der GPS-Zeitskala
- 1985: David L. Mills veröffentlicht das Network Time Protocol (NTP)
- 1985: Erfindung des ewigen Kalenders mit Jahreszahl für mechanische Armbanduhren durch Kurt Klaus
- 1995: Die jährliche Weltproduktion an Uhren überschreitet die Milliardengrenze
- 2002: Das IEEE veröffentlicht das Precision Time Protocol (PTP).
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