Da
lebte in Soest ein Schuster, ein armer Tropf zwar, aber ein
Kerl, der nicht auf den Kopf gefallen war. Krankheit und Unglück hatten
ihn
zurückgebracht, und obwohl er sein Handwerk verstand wie nur wenige in
der
Stadt, gelang es ihm dennoch nicht, wieder auf einen grünen Zweig zu
kommen. Er
wusste kaum noch das Leder zu bezahlen, und schon lange war Schmalhans
Küchenmeister im Hause und setzte den Kindern ein dünnes Süppchen auf
den
Tisch.
Eines
Abends hatte
der Meister wieder bis Mitternacht den
Pechdraht gezogen, bis ihm die Arme lahm waren. Da saß er nun noch auf
dem
Schemel und sann über sein Elend nach. Und wie es so geht, wenn einem
Menschen
die Verzweiflung ankommt, ohne es recht zu bedenken, sagte er vor sich
hin:
"Geld muss mir her, und wenn es vom Teufel kommt."
Er
hatte wohl selbst nicht geglaubt, dass ein solches Wort
Wahrheit werden könnte. Als er aufblickte, stand wirklich Beelzebub vor
ihm,
aber bekleidet wie ein vornehmer Herr im Wams mit Silberknöpfen und
Schuhen mit
kostbaren Spangen, begrüßte ihn lächelnd, tat, als sähe er das
Erschrecken des
Meisters gar nicht und sprach: "Ihr habt von mir gesprochen, und nun
bin
ich da. Das Geld, das ihr begehrt, habe ich gleich mitgebracht, erst in
zehn
Jahren muss ich es zurückhaben."
Dabei
stellte er ein Maß auf den Tisch, das bis über den Rand
hinaus mit blanken Goldstücken gefüllt war. "Nehmt das", sagte er,
"und wenn ihr es mir zurückgebt, braucht es nicht gerade so gehäuft zu
sein wie jetzt, sondern nur gestrichen voll. Ich will nicht so genau
rechnen,
weil ihr mir in eurem Jammer leid tut. Und nun unterschreibt mir den
Vertrag."
Der
Schuster wollte wohl oder übel schon die Feder nehmen, die er
ihm hinhielt. Da aber schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, und den
sprach er
auch aus. "Darf ich euch das Geld auch schon früher zurückgeben?"
fragte er.
"Das
dürft ihr zu jeder Zeit, Meister. Aber in zehn Jahren
muss ich es bestimmt wieder haben, sonst gehört mir eure Seele."
Damit
schob der Teufel ihm das Maß mit dem Golde zu. Der Meister
unterschrieb nun, aber fuhr dann mit seiner großen Hand darüber hin und
wischte
alle Stücke, die über den Rand quollen, weg, so dass sie auf den Tisch
fielen,
strich sie zusammen, steckte sie zu sich und gab dem Teufel das Maß
selber
zurück.
"Hier",
sagte er, "ich bedanke mich auch schön.
Das brauche ich nicht mehr. Ich habe an dem, was Ihr nicht wiederhaben
wolltet,
genug", und er klopfte auf seine Tasche.
So
war denn der Teufel in Soest an einen geraten, der klüger war
als er selber. Es blieb ihm nach seinen Worten nichts anders übrig, als
zu
gehen, woher er gekommen war.
Dem
Meister aber, der sich so klug wie bescheiden gezeigt hatte,
war das Glück wieder hold und verhalf ihm zu dem alten Wohlstand.
"Wer
etwas Großes will, der muss sich zu beschränken
wissen, wer dagegen alles will, der will in der Tat nichts und bringt
es zu
nichts" erkannte schon Georg Wilhelm Friedrich Hegel und recht hat er.
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