Musterland Liechtenstein
Den Menschen geht es gut, die Wirtschaft brummt, er gibt mehr
Arbeitsplätze als Einwohner, der Staat hat keine Schulden, die Steuern
sind moderat und die Bürger mögen ihre Regierung – die Rede ist nicht
von einem fiktiven Märchenland, sondern von einem realen Musterland
mitten in Europa. Zudem kann man sich auf Deutsch verständigen…
Wenn es endlich zum Brexit kommt, steht ein Gewinner vermutlich schon
fest: das kleine Liechtenstein, dessen Unternehmen Zugang zur EU haben,
ohne dieser selbst anzugehören. Hans-Peter Holbach, dessen Geldbrief-Verlag
seinen Sitz dort hat, schildert die Besonderheiten des kleines
Fürstentums um die liberale Fürstenfamilie, die sich vermutlich manches
Land als Staatsoberhaupt wünschen würde.
Wie kann ein kleines Land wie Liechtenstein, sechstkleinster Staat der
Welt, wirtschaftlich so erfolgreich sein? Landtagspräsident Albert
Frick führt gern die Bauernschläue an, die Liechtensteinern im Blut
liege – konkret wie ein Bauer den Teufel überlistete, der seine Seele
wollte und dank des Bauern List nicht bekam. Aber es ist wohl eher das
wohl überlegte taktische Verhalten der Fürstenfamilie.
Es begann damit, dass Karl I. von Liechtenstein 1608 für seine treuen
kaiserlichen Dienste in der erblichen Fürstenstand erhoben wurde. 1699
konnte das österreichische Haus Liechtenstein die Herrschaft
Schellenberg und 1712 die Grafschaft Vaduz kaufen – Grundlage für
Sitz und Stimme auf den Rechs- und Kreistagen.
1719 erhob Kaiser Karl VI. das Land mit dem Namen Fürstentum
Liechtenstein zum unmittelbaren Reichsfürstentum, und Liechtenstein
wurde 343. Mitgliedsstaat des Heiligen Römischen Reiches Deutscher
Nation und ist letztlich Überbleibsel offenbar ungekündigter Verträge.
Mit List und Tücke wurde Liechtenstein Mitglied des von Napoleon
erzwungenen Rheinbundes, behielt seine Souveränität und blieb
gleichzeitig Mitglied im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation,
konnte dank kluger Verträge mit Österreich auf sicherer Basis
Welthandel betreiben – bis die Entwertung der österreichischen Krone
nach dem Ersten Weltkrieg dazu führte, dass Liechtenstein 1924 den
Schweizer Franken als Währung einführte, ohne die Schweiz zu fragen.
Geheilt wurde dieser Zustand erst 1980 durch den Währungsvertrag mit
der Schweiz. Liechtensteiner konnten mit einer stabilen Währung der
Zweiten Weltkrieg und die Entwertung anderer Währungen gut überleben.
Der Wohlstand des Landes war gut vorbereitet.
Die für den Erfolg wichtigste Entwicklung war der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum. Damit ist Liechtenstein –
anders als die Schweiz – in der gesamten EU willkommen, ohne selbst
Mitglied zu sein oder werden zu müssen. Doch gerade mittelständische
Unternhemer beklagen die jetzt auch in Liechtenstein nötige Anwendung
der Bürokratie aus Brüssel. Aber die hätten sie auch mit einem Geschäft
in Salzburg oder München.
Eigentlich kann jeder in oder über Liechtenstein Geld anlegen – aber
nicht dort wohnen. Bürger aus der EU und dem EWR können im Fürstentum
eine aktive Firman gründen und betreiben, mit der sie maximal 12,5%
Steuern zahlen.
Über 20.000 Pendler kommen täglich aus der Schweiz und Österreich
Der Staat hat einen Haushaltsüberschuss von 11 Millionen Franken, und
die Altersversorgung einen Sicherheitspuffer von elf Jahren (!), auch
dank einer erfolgreichen Anlagestrategie in Aktien. Liechtenstein ist
eines der letzten 5 Länder dieser Welt, die schuldenfrei sind (siehe hier). Kein Wunder, dass das Land mit AAA bewertet wird.
Geht es der Wirtschaft gut, geht es auch den Bürgern gut.
Liechtensteiner sind allerdings keine großen Aktionäre; sie investieren
lieber in heimische Grundstücke und Immobilien und nutzen günstige,
uralte Bewertungspreise in ihrer Steuererklärung. Die Partei, die das
ändern wollte, würde nicht gewählt werden.
Liechtenstein hat keine Kosten für Landesverteidigung, weil es kein
Militär gibt. Das Land hat keinen Flughafen, keine Autobahn (die gibt’s
auf Schweizer Gebiet jenseits des Rheins) und in Schaan nur einen
Bahnhof – doch der Zug von Zürich nach Wien fährt durch.
Das Land inklusive seiner Berge bis Malbun ist mit Linienbussen bestens
bedient. Von Sargans in der Schweiz bis nach Feldkirch/Österreich fährt
ein Bus durch drei Staaten. Kommen soll eine S-Bahn von Buchs (Schweiz)
nach Feldkirch, aber die auf drei Länder verteilte Finanzierung ist
noch unklar.
Über 4.300 Unternehmen, darunter einige Weltmarktführer (z.B. Hilti),
haben sich im wirtschaftlich liberalen Liechtenstein angesiedelt. Es
gibt mehr Arbeitsplätze als Einwohner. Über 20.000 Menschen pendeln
täglich aus Österreich und der Schweiz zur Arbeit ins Fürstentum, weil
sie im Land selbst nicht wohnen dürfen. Hier ist kaum eine Änderung zu
erwarten, denn Miet- und Kaufpreise für Immobilien würden explodieren,
wenn allein die arbeitende Bevölkerung in Liechtenstein wohnen wollte.
Das Bruttoinlandsprodukt liegt bei 5,3 Milliarden Schweizer Franken,
das sind 160.000 Franken pro Einwohner. Aber diese Summe ist verzerrt
aufgrund der hohen Zahl der Pendler. Die Staatsquote – das Verhältnis
von Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt – dieses schlanksten
Staates in Europa beträgt nur 20,6 Prozent (Deutschland: 44%). Der
Bruttolohn pro Einwohner liegt im Schnitt bei 6.603 Franken. Auch diese
Statistik ist verzerrt, weil die 6.000 im Finanzsektor beschäftigten
Personen den Durchschnitt anheben.
Plan zum 300. Geburtstag: Liechtenstein Zentrum der Blockchain-Technologie
2019 feierte Liechtenstein seinen 300. Geburtstag; bis dahin wollte
Regierungschef Adrian Hasler das Land zum Mittelpunkt der
Blockchain-Technologie machen. Im Großen und Ganzen ist das Land auch auf einem guten Weg dorthin
Die 13 Banken in Liechtenstein zeigen sich nicht in Protzbauten,
sondern sind zweckmäßig eingerichtet. Die drei Großbanken LTG Bank, VP
Bank und Liechtensteinische Landesbank LLB bedienen traditionell die
örtliche Kundschaft, sind aber auch weltweit unterwegs. Die übrigen
Banken bedienen vor allem die restliche Welt.
Trotz höherer Bankgebühren – eine günstige Online-Bank gibt es trotzdem nicht –
lohnt es sich offenbar, sein Vermögen in oder über Liechtenstein
anzulegen. Es sind der stabile, schuldenfreie Staat, die freundlichen
und gut ausgebildeten Menschen und die Rechtssicherheit, die auch nach
dem Ende des Bankkunden-Geheimnisses weitere Millionen nach
Liechtenstein bringen, auch aus Gründen der Streuung.
Warum lernen andere Länder nichts aus den Erfolgen Liechtensteins?
Geht es den Banken gut, geht es der Wirtschaft gut, geht es den
Menschen gut. Im katholischen Liechtenstein kann noch jeder zwischen
Mein und Dein unterscheiden: Im Gegensatz zur Schweiz wurde nach dem 2.
Weltkrieg hier das Gold aus aus den Schließfächern nicht «entnommen».
Wie
es scheint, wird Liechtenstein für Mittelständler und Großunternehmen
eine Lücke nach dem Brexit schließen. Da Liechtenstein nicht in der EU
ist, verhandelt es zielstrebig mit London. Denn Unternehmen in
Liechtenstein können problemlos die Schweiz (Zoll- und Währungsvertrag)
und dank EWR-Abkommen ebenso die gesamte EU abdecken und bedienen. Es
ist also zu erwarten, dass alte und neue Liechtenstein-Firmen den
Brexit zu ihrem Vorteil nutzen werden.
Da drängt sich eigentlich nur noch eine Frage auf: Was könnten andere
Länder von Liechtenstein lernen, um so erfolgreich wie das kleine
Fürstentum für Gott, Fürst und Vaterland zu sein?
Nächste Seite: Wie Liechtenstein auch Ihnen nützen kann (in Bearbeitung)
Einer der seltenen Liechtenstein-Witze:
Ein Mann läuft nackt durch die Stadt.
Ein Polizist stoppt ihn und stellt ihn zur Rede.
"Was ist denn schon dabei?", entgegnet der Mann, "dort vorne steht
einer auf einer Marmorsäule und ist ebenfalls splitternackt."
"Das ist ja wohl nicht das Gleiche! Der ist aus Sandstein!"
"Na und? Ich bin aus Liechtenstein!"
Liechtenstein-Info
1 Franken (CHF) = 0,814 Euro
1 Euro = 1,22 Schweizer Franken
Sprache: Deutsch
Einreise: Pass oder Personalausweis (keine Kontrollen)
Fläche: 160 qkm
Einwohner: 36.636 (229 pro qkm), davon 33% Ausländer
Hauptstadt: Vaduz (5.236 Einwohner)
Staatsoberhaupt: Fürst Hans-Adam II., vertreten durch Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein
Regierungschef: Adrian Hasler
Offizielles Portal des Fürstentums Liechtenstein
https://www.liechtenstein.li/
Hier finden Sie umfassende Informationen und viele Adressen rund um
Fürstenhaus, zu Staat, Wirtschaft, Tourismus, Kultur, Kunst, Sport und
Gesellschaft.
Botschaft des Fürstentums Liechtenstein
Mohrenstr. 42, 10117 Berlin
Tel. 030 – 52 000 630
zur Webseite
Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer (LIHK)
Altenbach 8, FL-9490 Vaduz
Tel. 00423 237 55 11
Webseite: https://www.lihk.li/
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