Auswanderungsziel Kanada
aus: Leben im Ausland, Ausgabe Januar 2021: In
den letzten Monaten des Jahres 2020 sind jeweils rund 15.300 Ausländer
nach Kanada eingewandert, teilt Immigration mit, und dass es nicht mehr
waren, soll an Corona gelegen haben. Sonst seien es nämlich 25.000 bis
30.000 Neubürger pro Monat. Einwanderung ist und bleibe ein Kernpunkt
für die Wirtschaft und Gesellschaft des Landes, sagt Premierminister
Justin Trudeau.
In seinen Anweisungen zur Einwanderung legt Trudeau Wert auf gut
ausgebildete und erfahrene Fachkräfte, um die Wirtschaft für die Zeit
nach Corona zu stärken – im Gegensatz zu Frau Merkel. Nun sind zwar
Asylanten auch in Kanada längst zum Thema geworden, aber gefördert wird
aktuell in erster Linie Gesundheits- und Pflegepersonal. Angestellte im
Gesundheitswesen gehören deshalb zu den Ausnahmen, die trotz eines
generellen Einreisestopps wegen Corona ins Land dürfen und bevorzugt
ihre Papiere bekommen. Für die Einreise ist ein negativer Corona-Test
aus den letzten 3 Tagen nötig, was Kanada-Reisende freilich nicht vor 2
Wochen Quarantäne schützt, wobei gleich nicht Geldstrafen und Knast
gedroht wird.
Wer keine Arbeitserlaubnis braucht, darf vielleicht trotz Corona einreisen
Jeder Einreisende hat sich vorher auf ArriveCAN
zu registrieren und exakte Kontaktinfos für seinen obligatorischen
14-Tage-Quarantäneplan anzugeben. Von der Einreisesperre sind viele
Gruppen ausgenommen. Arbeitsnehmer zum Beispiel mit konkretem
Jobangebot und erfolgtem Antrag auf Arbeitserlaubnis oder bestimmte
Berufe und Tätigkeiten, für die keine Arbeitserlaubnis nötig ist. Dazu
gehören unter anderem Geschäftsreisende, Diplomaten mit Familie,
Künstler und Sportler mit ihrem Team, Journalisten, Redner,
Fernsehteams, Event-Organisatoren, Untersuchungsbeamte,
Medizinstudenten, Airline-Crews, Katastrophenhelfer oder
IT-Spezialisten vieler Art. Da das alles sehr vage ist, und von Fall zu
Fall entschieden wird, ist es immer nötig, auf der o.g. Webseite
anzufragen.
Auch in Kanada häufen sich Corona-Proteste – noch sind sie friedlich
Hoch offizielle Corona-Zahlen der Regierung weisen in Kanada mit seinen
gut 38 Millionen Einwohnern 788.643 positiv Getestete aus, von denen
angeblich 20.317 an oder mit Corona verstorben sind. Der Umgang mit
Corona sowie die passenden Verbote hier sind Sache der Provinzen, aber
wie es aussieht, wird nirgends etwas ausgelassen. Hausarrest von
Toronto bis Vancouver, Versammlungsverbote, Auflagen für Läden und
Restaurants, das ganze Programm eben.
Abstand halten, Maske tragen und die üblichen Hygieneregeln werden
allgemein empfohlen, nur an Flughäfen ist ein Mund-Nasen-Schutz
obligatorisch. Aber auch ohne allgemeine Pflicht sind Masken
allgegenwärtig, und gar nicht selten tragen Kanadier eine Maske und
darüber zusätzlich noch ein Plastikvisier, damit auch wirklich nichts
passieren kann.
Viele Kanadier haben inzwischen allerdings auch die Faxen dick von den
Verboten. Immer öfter kommt es zu Demonstrationen und Protesten aller
Art, und in den Innenstädten der Metropolen formieren sich gewaltige
Protestmärsche, die bisher überwiegend friedlich blieben und von der
Polizei auch nicht gewalttätig bekämpft werden, wie wir das etwa aus
Berlin kennen.
Wenn nicht gerade Corona regiert, ist Kanada ein Traumziel für Urlauber
und für Auswanderer aus aller Welt, wobei es Asiaten meistens an die
Westküste nach Vancouver zieht. Dahin retten sich viele tausend
Menschen aus Hongkong vor Peking, so dass Vancouver heute die größte
chinesische Stadt außerhalb Chinas ist. Deutsche und andere Europäer
wählen lieber den Osten mit Nova Scotia, Toronto, Montreal und Quebec,
nicht zuletzt wegen des kürzeren Fluges.
Für ein Leben in Kanada spricht der lockere, unkomplizierte Umgang
miteinander. Das Angebot an Arbeit, die Tatsache, dass nützliche
Einwanderer offiziell willkommen sind, und im Fall der Einbürgerung
einer der am höchsten geschätzten Pässe der Welt sind Argumente für
Kanada.
Die kanadaweite Einwanderungsbehörde hieß früher Citizenship and Immigration Canada (CIC) und heißt jetzt Immigration, Refugees and Citizenship Canada oder einfach IRCC. Asylanten sind eben auch Einwanderer.
Wenn Sie zu denen gehören, die schon länger von Kanada träumen, dann
realisieren Sie diesen Traum am ehesten, wenn Sie in eines der diversen
Express-Entry-Programme
kommen, die es sowohl von der kanadischen Regierung gibt, als auch von
den einzelnen Provinzen. Zum Beispiel Nova Scotia.
So testen Sie kostenlos, ob Sie als Einwanderer in Frage kommen
Express Entry ist Kanadas bester Weg, um über eines der drei großen Einwanderer-Programme (Federal Skilled Worker Program, Canadian Experience Class und Federal Skilled Trades Program)
Ihre Papiere für Kanada zu bekommen. Wer dafür in Frage kommt, lädt
sein Profil einfach auf der Webseite der Regierung hoch. Jeder Kandidat
erhält eine Punktzahl im Comprehensive Ranking System (CRS), die auf
Alter (jünger ist besser), Ausbildung, Englisch- und
Französisch-Kenntnissen und Berufserfahrung basiert.
Etwa alle zwei Wochen lädt das IRCC die Kandidaten mit den meisten
Punkten ein, sich für den Daueraufenthalt zu bewerben. Die Entscheidung
fällt in der Regel in einem halben Jahr.
Trotz Corona hat die Regierung das Ziel ausgerufen, ab dem Jahr 2021
jährlich 400.000 nützliche Einwanderer willkommen zu heißen. Darunter
sind etwa 110.000 mit Express Entry. Wer dazu gehören will, muss zuerst
richtig planen und sich für das passende Einwanderungs-Programm
entscheiden, was bei über 100 Programmen von Staat und Provinzen nicht
ganz einfach ist. Da ist die Hilfe eines Fachanwalts kein unnötiger
Luxus. Wenn Sie vorab unverbindlich testen wollen, ob Kanada auf Sie
wartet, gehen Sie einfach mal auf die Webseite von Immigration-Anwalt David Cohen und geben Ihre persönlichen Daten in das Formular ein.
Die Realität hat mit den Werbe-Broschüren für Einwanderer wenig zu tun
Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob sich die viele Arbeit und dazu
womöglich noch ein Anwaltshonorar lohnen, helfen Ihnen vielleicht die
Bedenken von meinem Bekannten Markus Gärtner, der einige Jahre in
Vancouver lebte, bei Ihrer Entscheidung.
Ja, sagt er, Kanada habe viele gute Seiten. Benzin, Reisen, Kleidung
sind preiswert. Kanadier sind kinderfreundlich. Sie gehen locker
miteinander um, sprechen sich mit dem Vornamen an, wie in den USA. Die
Uhr ticke langsamer. Grillen mit Freunden am Wochenende stehe ganz
oben. Eishockey wird so großgeschrieben wie in Deutschland der Fußball.
Aber statt zuhause auf dem Sofa zu sitzen, gehen Kanadier lieber in
ihren Pub mit Großbildschirm, jedenfalls vor Corona.
Aber auch im Traumland vieler Auswanderer sei nicht alles Gold, was
glänzt. Die USA haben mehr Einwanderer. Aber Kanada legt viel höheren
Wert auf Qualifikation und profitiert deshalb viel mehr von seinen
neuen Bürgern, egal ob diese erst die Aufenthaltserlaubnis in der
Tasche haben oder bereits den kanadischen Pass, der übrigens eins der
besten Ausweisdokumente für Reisen in alle Welt ist. Aber das ist der
deutsche Pass ja auch.
Einwanderer bringen Geld, Ehrgeiz und Ideen mit. Sie fördern den Handel
mit ihren Herkunftsländern, sorgen für neue Geschäftspraktiken und mehr
kulturelle Vielfalt, steht in den Broschüren der Einwanderungs-Anwälte
und den Lehrbüchern der Ökonomen. Leider sehe die Realität anders aus,
sagt Kanada-Kenner Markus Gärtner.
Ausländer in Kanada: viel besser ausgebildet und viel häufiger arbeitslos
Fast die Hälfte aller Einwanderer kommt durch das Programm Federal Skilled Worker
nach Kanada. Darin sind etwa drei Dutzend Berufe genannt, für die das
Land dringend qualifizierte Arbeitskräfte importieren muss, um seinen
eigenen Mangel an Fachkräften zu beheben. Wer qualifiziert ist, kann
für Berufserfahrung, geringes Alter, und Sprachkenntnis Punkte sammeln.
Wer 67 von 100 Punkten erreicht, bekomme seine Greencard.
Ergebnis der strikten Auswahl ist es, dass 78% aller kanadischen
Einwanderer eine akademische Ausbildung mitbringen; das ist ein viel
höherer Anteil als unter Kanadiern. Trotzdem sei der Anteil der
Arbeitslosen unter den Einwanderern volle 75% höher als auf dem
gesamten Arbeitsmarkt.
Dazu komme, dass viele Einwanderer weniger verdienen als Einheimische,
weil sie oft weit unter ihrer Qualifikation beschäftigt werden.
Indische Kardiologen am Steuer von Taxis, mexikanische Architekten als
Busfahrer oder südamerikanische Zahnärzte als Verkäufer im Möbelladen
seien keine Seltenheit, sondern eher die Regel.
Trotz sorgfältiger Auswahl der Einwanderer bei den Punkteverfahren
prallen Kanadas Neubürger auf unsichtbare Barrieren, wie Studien
belegen. Die größte Barriere ist offenbar das, was Arbeitgeber die „kanadische Erfahrung“
nennen. Was das genau ist, kann keiner sagen. Aber neben der
Anerkennung ausländischer Abschlüsse ist vor allem die Unterstellung
gemeint, Einwanderer täten sich oft schwer, sich in den kulturellen
Rahmen einzufügen. Das reicht von offener Kritik durch Europäer, die
Kanadier als Konfrontation empfinden – bis zur Geschäftigkeit vieler
Asiaten, die oft Unruhe in altgewohnte Betriebsabläufe bringe, aus
kanadischer Sicht wohlbemerkt.
Versuchen Sie nicht, ohne konkreten Job nach Kanada einzuwandern
Daraus ergibt sich für Einwanderer ein weit verbreitetes Dilemma: Wer
im Beruf keine „kanadische Erfahrung“ hat, bekommt keinen guten Job.
Und wer keinen guten kanadischen Job hat, der bekommt auch nie die
gewünschte „kanadische Erfahrung“.
Mit einem Jobangebot in der Tasche anzureisen, sei deshalb eine gute
Voraussetzung, um von Kanada nicht enttäuscht zu werden. Handwerker
sind immer gefragt. Dazu kommt, dass die vielen in Pension gehenden
Babyboomer in vielen Branchen den Fachkräftemangel verschärfen. Das
dürfte künftig die Aussichten internationaler Bewerber verbessern…
Kanada-Infos
1 Euro = 1,54 Kanada-Dollar (CAD)
1 CAD = 0,65 Euro Sprache: Englisch, Französisch
Spannung: 110 und 120 Volt
Zeit: MEZ –6 bis –10 Stunden
Klima:
Von Polarkreis bis US-Grenze gemäßigt. Meist lange, kalte Winter und kurze, heiße Sommer.
An der Westküste Meeresklima mit viel Regen. Jahreszeiten sind in
Québec und Ontario am stärksten ausgeprägt, mit kaltem Winter, mildem
Frühling/Herbst und schwül-heißem Sommer von Juli bis September.
Temperaturen im Schnitt um 25 Grad.
Einreise: Reisepass bis 3 Monate
Impfungen: Keine
Hauptstadt: Ottawa (890.000 Einwohner)
Botschaft von Kanada:
Leipziger Platz 17, 10117 Berlin,
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Visa und Einwanderung: Voßstr. 20, 10117 Berlin
Deutsche Botschaft in Kanada:
1 Waverley St., Ottawa, Ontario
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