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Selbstanzeige

Die bekannteste Selbstanzeige Deutschlands, also die Selbstanzeige des FC Bayern-Präsidenten Uli Hoeness, beherrschte monatelang die Schlagzeilen. Vieles ist mir immer noch unklar und ungereimt. Der schwäbisch clevere, seriös konservative und erfolgreiche Uli Hoeness auf der einen Seite soll daneben ein völlig unkontrollierter spielsüchtiger Zocker gewesen sein. Eigentlich passt da wenig zusammen.

In Zürich soll Hoeness zeitweise dreistellige Millionensummen zwischen 2003 und 2009 bewegt haben, beim Platzen der Internetblase 2001 auf hohen Verlusten gesessen haben, um später dort wieder bis zu 30 Millionen Gewinn zu machen.

Aber auch das: Beim deutschen Fiskus sollen in der Vergangenheit über 100 Millionen Verluste aus „Veräußerungsgeschäften“ angefallen sein. Alles irgendwie ungereimt und verrückt – gleichwohl so viel:

Die (missglückte) Selbstanzeige von Hoeness ist ein Lehrstück dafür, wie man es nicht machen darf. Es kann nur gerätselt werden, was in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar 2013 die Berater von Hoeness (zwei befreundete Steuerberater/Rechtsanwälte aus einer eher unbekannten Kanzlei aus der niederrheinischen Provinz, der Sohn von Hoeness und ein befreundeter Ex-Steuerfahnder aus München) bei der Zusammenkunft in seiner Tegernseer Villa bewogen haben mag, binnen weniger Stunden (!) mit heißer Nadel eine Selbstanzeige über dreistellige Millionentransaktionen (!) für einen Zeitraum von über 10 Jahren zu stricken.

Professionellen Beratern ringt das nur ein müdes Lächeln ab: Wie auch immer – so geht’s nicht. Auch wenn alles ganz schnell gehen sollte: Dann muss man sich eben zunächst auf eine sog. Stufenanzeige beschränken mit vollständigen Eckdaten zum Grundsachverhalt bei gleichzeitiger großzügiger Schätzung nach oben – oder es eben lassen. Alles dazwischen führt zum Fiasko.

Nur vier Verhandlungstage waren im Strafverfahren Hoeness angesetzt. Das reichte auch. Denn der Sachverhalt lag ja aufgrund der nachgebesserten Selbstanzeige – vermutlich - vollständig auf dem Tisch. Im Fokus stehen Rechtsfragen zur Wirksamkeit von Selbstanzeigen: Lag bereits eine sog. Tatentdeckung vor (aufgrund der bekannt gewordenen Recherchen des Stern beim Bankhaus Vontobel (wir meinen: eher nicht) und/oder war die Selbstanzeige unwirksam, da unvollständig (nach allem, was hierzu bekannt ist: eher ja)?

Und dann wird auch noch die Grundsatzfrage zu klären sein: Muss sich ein Steuerhinterzieher, der nachweislich „reinen Tisch“ machen will, die Fehler seiner (unkompetenten?) Berater zurechnen lassen. Das eine ist klar: Vor dem Landgericht München wird all das nicht abschließend entschieden – diesen Fall wird erst der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (sofern nicht doch noch ein „Deal“ stattfindet) abschließend entscheiden.

Interessanter Nebenaspekt der Flut von Selbstanzeigen der letzten Monate: Das angeblich hochprofessionelle „Wealth Management“ der alpenrepublikanischen Banken im letzten Jahrzehnt kommt nun im Rahmen der Selbstanzeigen schonungslos ans Tageslicht – was ja nie so gedacht/erwartet wurde von den „banklagernden“ Kunden, die – wenn überhaupt – die Depotunterlagen meist nach wenigen Minuten dem Reißwolf anheim gaben. Die Rede ist von kostspieligen VV-Mandanten, unnötig vielen Transaktionen ohne erkennbare langfristige Strategie und oftmals völliger Nichtbeachtung der heimischen Steuerregeln = unnötig viele Spekulationsgeschäfte bis 2008, kein sinnvoller Aufbau von sog. Altbeständen vor 2009 und ab 2009 teilweise unnötige Aufgabe „steuerfreier“ Altbestände bei Wechsel in damit abgeltungssteuerpflichtige neue Aktien/Fonds usw. Am besten – so ein Kenner der Szene – hätten meist die abgeschnitten, die ihre Depots – ohne VV– selbst gemanagt hätten – aber auch dann kann vieles schief gehen (siehe oben).

„Setzt Hoeness und Schwarzer ein Denkmal“ lasen wir auf ZEIT ONLINE – offenbar soll Berlin diesen beiden zu verdanken haben, dass es jetzt so viele Selbstanzeigen gibt. Nicht korrekt. Die Flut an Selbstanzeigen kommt dank der Schweizer Banken. Diese setzen ihren Kunden die Pistole auf die Brust: Selbstanzeige oder Kontoauflösung. Im Übereifer werden sogar langjährige Kunden vor die Tür gesetzt, die überhaupt keine steuerlichen Probleme haben.  © jur. Muc, www.geldbrief.com

NACHTRAG
Zu den 5 Schweinereien, die ich unlängst in der Ausgabe vom 02.01.2019 beschrieb, kommt noch eine weitere hinzu – natürlich spielt der Fiskus wieder die Hauptrolle:

Finanzautor Markus Miller schreibt mit vollem Recht, dass es eine „staatliche Ungerechtigkeit und Frechheit sondergleichen“ ist, dass die Finanzämter selbst Scheinrenditen nach dem strengen Zuflussprinzip bewerten. Auf Deutsch: Man soll auch Steuern zahlen für nicht reale, theoretische Gewinne.
Beispiel:
Sie haben im Internet an einem Programm teilgenommen, das sagenhafte Renditen verspricht. Ihre Investition von 10.000 hat sich innerhalb kürzester Zeit verfünffacht. Für diese 40.000 will der Fiskus Steuern sehen, auch wenn die Firma plötzlich mit allen Geldern untergetaucht ist und Sie keinen Cent erhalten haben…
Wegen solch fiktiver Gewinne musste Uli Hoeness ja 3 Jahre ins Gefängnis, siehe oben...
Ob außerbörsliche Investments (z.B. Schneeballsysteme) oder durch die Finanzkrise wertlose gewordene Wertpapiere – erlittene Verluste waren bisher fast unmöglich, steuerlich angerechnet zu bekommen. Das höchste deutsche Finanzgericht sieht das aber anders; eine steuerliche Anrechenbarkeit muss sehr wohl erfolgen (Az. Az.: VIII R 13/15 vom 24.10.17 sowie Az.: X R 10/16 vom 07.02.18).

Falls Sie also betroffen sind, wehren Sie sich! LegalTech-Dienstleister wie z.B. myright.de prüfen kostenlos Ihre Erfolgsaussichten.




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© Copyright: Roland Benn / BIG BENN BOOKS

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