Gelesen in GELDBRIEF
19/2012 (http://www.geldbrief.com)
Wie mehrfach an dieser
Stelle propagiert,
hätten wir bis vor kurzem fast jede Wette angenommen, dass das bereits
totgesagte Steuerabkommen doch noch kommt, weil sich letztendlich
politischer
Pragmatismus (dringend benötigte Steuergelder, Deal mit
Gruppenanfragen)
durchsetzt. Seit Sonntagabend sehen wird das anders…
Im
Fernseh-Talk mit
Günther Jauch beantwortete der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die
Frage
von Jauch, ob das Steuerabkommen tot sei, ohne Wenn und Aber mit einem
klaren:
Ja!
Klar
erkennbar ist,
dass Steinbrück seinen Wahlkampf mit finanzpolitischen Themen führen
will, und
dazu passt ihm wohl ganz besonders, als Retter der Armen und
Entrechteten seine
„Kavallerie“ gegen die bösen reichen Steuersünder in der Schweiz in
Stellung
bringen zu können – und sich insoweit im Wahlkampf als Totengräber des
Steuerabkommens darstellen und feiern lassen zu können.
Fazit:
Steinbrück und
Wahlkampf, da scheint politischer Pragmatismus auf der Strecke zu
bleiben. Das
Steuerabkommen wird an der SPD und den Grünen im Bundesrat scheitern.
Paradoxum
am Rande: Alle Praktiker (Steuerstrafrechtler, Steuerberater)
bestätigen
unisono, dass sich in ca. 80% aller Fälle die „Steuersünder“ mit der
pauschalen
Regularisierung gemäß Steuerabkommen (mindestens 21% vom
KONTO-/DEPOTWERT, also
auf die SUBSTANZ 31.12.2010!) schlechter stehen als mit einer ganz
normalen
Selbstanzeige, die sich „nur“ auf die steuerpflichtigen ERTRÄGE der
letzten
10-12 Jahre bezieht.
Die
„neue Schweiz“ in
Asien:
So
wurde Singapur in
den letzten Jahren vom Finanz-Boulevard immer wieder in höchsten Tönen
gepriesen. Dort gäbe es „anlegerfreundliche“ Regelungen (klingt ja
alles
irgendwie bekannt…!) und das Bankgeheimnis dort sei das strengste der
Welt.
Schweizer Großbanken sind dort extrem gut vernetzt und gesponserte
Reisen mit Ehefrau
nach Singapur, zum Formel-1-Rennen nebst Bankbesuch usw., erfreu(t)en
sich
zunehmender Beliebtheit.
Wir
haben an dieser Stelle vor solchen Fluchtlösungen
ins vermeintlich „steuersichere“ Ausland immer wieder gewarnt (zuletzt
Geldbrief 16/2012: "Sieben Wege ins Glück"). Wohl zu Recht. An diesem
Wochenende wird Finanzminister Schäuble auf dem Rückflug von Tokio in
Singapur
halt machen. Denn das „Steuerschlupfloch Singapur“ (war es das
überhaupt?) soll
nun gestopft werden. Es geht um einen interessanten Deal: Schäuble
(Deutschland) erhält nahezu uneingeschränkte Steuerauskünfte nach
aktuellem
OECD-Standard (= zulässige Gruppenanfragen an der Grenze zum
automatischen
Auskunftsverkehr) und im Gegenzug wird die geplante Änderung des mit
Singapur
bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens (Umstellung vom für Unternehmer
wichtigen Freistellungsprinzips auf das Anrechnungsverfahren) erst
einmal
zurückgestellt.
Win-Win:
Das weiter
bestehende Freistellungsprinzip ist aus Sicht des Standorts Singapur
viel
wichtiger als der bestehende „Schutz“ der vergleichsweise wenigen
Anlegergelder
deutscher Privatkunden. Und letztere erhält Schäuble im Gegenzug mit
der
erweiterten Amtshilfeklausel quasi auf dem Silbertablett.
So
läuft das nun
einmal. Es gibt keinen Bestandsschutz. Heute so, morgen anders.
Erstaunlich ist
nur, wie wenig dem bei vermeintlichen Problemlösungen in der Praxis
Rechnung
getragen wird. © jur. Muc 2012
Quelle
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Roland Benn