Selbst erlebte, wahre Geschichten aus dem philippinischen Alltag
Einbruch beim Nachbarn
Mitte Januar 2021 wurde im Nachbargebäude nach Mitternacht
eingebrochen. Dort befindet sich so ein typischer Sari-Sari Store
(Gemischtwarenladen) mittlerer Größe, wobei die Inhaber nicht mit dabei
wohnen. Wie beim ersten Einbruch vor ca. 2 Jahren waren die Einbrecher
nicht ganz geräuschlos, so dass sie von uns gehört wurden.
Inhaber-Ehepaar und Polizei wurden sofort verständigt und letztere
konnte die Bande in flagranti ertappen. Es waren 3 Jugendliche im Alter
von 15 bis 17 Jahren.
Weil es sich um Minderjährige handelte, können sie nicht ins
Stadtgefängnis gesteckt werden, sondern werden zu ihren Familien
gebracht, und irgendwann kommen sie wahrscheinlich vor einen Richter.
Zuvor aber haben die Polizisten sie erst einmal etwas verprügelt. Kein
Auspeitschen wie zum Beispiel in Saudi-Arabien, aber ein paar
schmerzhafte Hiebe auf die nackten Beine sollten es schon sein - Strafe
muss sein…
Das Ereignis hatte aber noch einen unrühmlichen zweiten Akt. Weil die
Polizei so schnell am Tatort war, hatten die Einbrecher keine Zeit
gehabt, irgendwelche Beute wegzuschaffen. Daraufhin haben Beamte in
eine größere Plastiktasche 10 Stangen Zigaretten und noch ein paar
Sachen gepackt und als „Beweismittel des Diebesgutes“ mit aufs Revier
genommen. Ein Einbruch an sich als Straftat war ihnen wohl nicht genug
für die Anklage.
Dazu muss man wissen, dass solche Beweis-Beschaffung („Planting
Evidence“) bei der hiesigen Polizei Gang und Gäbe ist. Meine Frau hat
eine sehr gute Freundin, deren Mann ein höherer Polizei-Offizier im
Camp Crame, dem nationalen Polizei-Hauptquartier in Manila, ist. Von
dem weiß sie, dass solche Handlungen hierzulande völlig normal sind.
Und: Dass die sichergestellten Waren nicht mehr an die ursprünglichen
Eigentümer zurückgegeben werden. Polizisten rauchen und trinken ja auch
gern... Allein die10 Stangen Zigaretten haben in etwa einen Wert von
12.000 Peso, was für einen Tante-Emma-Laden-Besitzer viel Geld ist.
Ein Beamter hat sich zusätzlich sogar noch ein paar Chilli-Schoten im
Garten hinter dem Landen gepflückt, wohl zur Verfeinerung der nächsten
Mahlzeit auf dem Revier…
Als Fazit lässt sich sagen: Die Ladenbesitzer sind eigentlich nicht durch die Einbrecher bestohlen worden, sondern durch die Ordnungshüter!
Weitere wahre Geschichten (aus dem Ebook: Aussteigen auf 7107 Inseln):
Datensicherheit
Auf den Philippinen muss man die Zulassung für sein Auto/Motorrad etc.
nicht alle zwei Jahre, sondern jedes Jahr erneuern. Wahrscheinlich,
weil sich dadurch die Einnahmen für den Staat verdoppeln.
Seit etwa Anfang des Jahrhunderts ist eine Voraussetzung für die
Erneuerung der Zulassung, dass man einen so genannten Smoke Test macht,
eine Abgas-Untersuchung. Dieser Emissionstest wird nicht bei einer dem
deutschen TÜV vergleichbaren halbamtlichen, neutralen Institution
absolviert, sondern bei darauf spezialisierten Privatunternehmen, die
nicht anderes machen.
Das kostet für einen PKW derzeit 500 Peso (weniger als 10 Euro) und
geht recht schnell. Man muss den Motor laufen lassen, ein Mitarbeiter
steckt den mit dem Messgerät verbundenen Fühler in den Auspuff und nach
ca. zwei Minuten werden die Werte angezeigt. Gleichzeitig wird noch ein
„Beweisfoto“ geschossen, das den Mitarbeiter neben dem Auspuff kniend
zusammen mit dem Kennzeichen zeigt.
Das Foto wird zusammen mit den Messdaten auf eine Bescheinigung
ausgedruckt, die man anschließend bei der LTO (der Zulassungsstelle)
zusammen mit den Fahrzeugpapieren vorlegen muss.
So weit so gut, wenn ich auch in all den Jahren nie erlebt habe, dass
einem Fahrzeughalter wegen Überschreitens der Grenzwerte die
Bescheinigung verweigert wurde. Durchaus verwunderlich, wo doch auf den
philippinischen Straßen jede Menge dicke Abgaswolken ausstoßende
Fahrzeuge herumfahren (hauptsächlich LKWs, Jeepneys, Tricycles und
Alt-PKWs).
Als bei mir die erste Verlängerung der Zulassung anstand, fuhr ich –
der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier – mit meinem 20 Jahre alten
Mitsubishi Lancer wieder zum gleichen Emission Test Center wie im
Vorjahr. Das Prozedere war wie gewohnt: Fühler in Auspuff, Foto
schießen, 500 Peso zahlen und innerhalb von zehn, fünfzehn Minuten
hatte ich meine Bescheinigung.
Doch halt! War nicht diesmal etwas anders? Ja, richtig, ich musste den Motor nicht laufen lassen!
Ich fragte nach, wie sie meine Abgaswerte testen konnten ohne laufenden
Motor. Die Antwort war verblüffend: „Na, wir haben doch noch die Werte
vom letzten Jahr…“ Datensicherheit auf philippinisch!
Noch eine zweifelhafte Bescheinigung
Vor ein paar Jahren hatte meine Frau irgendwelche gesundheitlichen
Probleme. Unserem Anwesen schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite
befindet ein sog. Health Center. Die gibt es mittlerweile landesweit in
praktisch jeder größeren Kommune, wo sich die Bevölkerung mit kleinen
Beschwerden günstig behandeln lassen kann.
Dort bekommt man unter anderem Rezepte für verschreibungspflichtige
Medikamente, kann sich bei Schmerzen den bösen Zahn ziehen lassen
(repariert wird eher selten, weil teuer und es den Dentisten
vorbehalten ist), kann Physiotherapie machen, können Frauen ihre Kinder
gebären (solange es keine Komplikationen gibt), werden die Jungen, wenn
sie in das entsprechende Alter kommen, an der Vorhaut beschnitten. Und
so weiter.
Meine Frau ging also rüber und schilderte ihre Symptome. Das Health
Center machte sofort eine Urin-Analyse. Ob sie die eigentliche
Krankheitsursache herausgefunden haben, weiß ich gar nicht mehr, aber
auf der Bescheinigung stand eindeutig, dass meine Frau schwanger sei.
Das war vielleicht eine Überraschung, denn gar nicht so eingeplant!
Familie und Freunde, denen wir davon erzählten, wunderten sich auch,
gratulierten aber brav (meine Frau war damals schon Anfang 40). Das
Ende vom Lied war: Auf die Geburt warten wir heute noch. Die Analyse
war schlicht falsch. Seit diesen zwei Vorkommnissen bin ich bei
philippinischen Bescheinigungen stets etwas skeptisch...
In alter Gewohnheit
Sauberkeit/kalinisan und Disziplin/disiplina sind zwar jedem Filipino
als abstrakte Begriffe geläufig, aber anscheinend nicht ihre Bedeutung…
Man kann jeden Tag Hunderte Beispiele sehen, wenn man unterwegs ist
oder sich zum Beispiel vor dem Markt aufhält. Da warte ich meistens im
Auto, wenn meine Frau einkaufen geht. Vor dem Markt befinden sich viele
kleine Verkaufsstände, bei denen sich die Filipinos mit verschiedenen
essbaren Sachen eindecken und auch mit diversen Getränken.
Letztere werden zum Mitnehmen in einem Plastikbeutel mit Strohhalm
serviert. Wenn die Plastiktüte leer ist, wird sie einfach fallen
gelassen, auch wenn zwei Meter weiter vielleicht ein Abfallbehälter
steht. Den interessiert niemand. So sieht es dann natürlich auch vor
dem Markt und auf den Straßen aus. Weggeworfene Papptellerchen und
fallengelassenen Plastikbeutel, wohin das Auge blickt.
Erschwerend kommt übrigens hinzu, dass die Männer überall urinieren, wo
immer es möglich ist. Und es ist prinzipiell überall möglich,
jedenfalls für sie. Für uns Europäer ein sehr ungewöhnliches Bild.
Als wir einmal auf dem Weg nach Hause waren, fuhr ein Müllwagen vor uns
her. Die hiesigen Müllwagen sind allerdings nicht geschlossen, sondern
einfach nur ein offener LKW, auf den alles gesammelt wird.
Auf so einem riesigen, stinkenden, rollenden Müllberg saß also vor uns
ein Mann und trank seine Cola aus so einer oben geschriebenen
Plastiktüte mit Strohhalm. Ich dachte noch, was er wohl machen wird,
wenn die Tüte leer ist. Und da geschah es schon: Er warf die schlaffe
Tüte in hohem Bogen über die Bordwand in den Straßengraben!
Was soll man davon halten? Jetzt, wo es angebracht gewesen wäre, die
Tüte einfach fallen zu lassen, wirft er sie in den Straßengraben. Wohl
aus alter Gewohnheit und reflexartig…
Zur Inhaltsangebe von "Aussteigen auf 7107 Inseln"
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