Jeden Tag Reicher
StartseiteAGBKontaktImpressum

Wie ein Loch in der Wand
die Welt verändert hat


Wir alle tun es – den Geldautomat benutzen, aber wer ist denn eigentlich auf diese geniale Idee gekommen? Ein Brite! (Ein Schotte, genauer gesagt). Und das kam so…

John Shepherd-Barron stammt aus einer interessanten Familie: Seine Mutter Dorothy Shepherd-Barron war Wimbledon-Siegerin im Damen-Doppel und sein Vater Offizier in der britischen Armee, wo er in Indien und Pakistan wichtige Posten als Chefingenieur innehatte. Später wurde er sogar Vorstand des Londoner Hafens.

Wie der Vater war auch der in Indien geborene John Shepherd-Barron zunächst bei der Armee und wurde als Fallschirmspringer in Indien, Burma und im Nahen Osten eingesetzt. Doch nach dem Krieg ging es weniger abenteuerlich zu, sein Studium der Wirtschaftswissenschaften brachte ihm eine Stellung im Management der Firma De La Rue ein, einem Druckerei-Unternehmen, das auf die Herstellung von Aktien und Geldscheinen spezialisiert ist.

Zwar hatte John Shepherd-Barron wichtige Posten inne (1957 bis 1959 baute er das Geschäft in den USA auf und 1963 wurde er Leiter einer De La Rue-Tochterfirma, die Geldtransporte für britische Banken durchführt), aber ansonsten verlief sein Leben wenig spektakulär.

Das änderte sich an einem Samstag im Jahre 1965. Gewohnheitsmäßig ging er zu seiner Barclays-Filiale, um Geld für die nächsten Tage abzuheben. Doch diesmal war er ärgerlicherweise zwei Minuten zu spät dran und die Filiale schon geschlossen.

Das Malheur beschäftigte ihn gedanklich noch den Rest des Tages und zuhause - in der Badewanne liegend - kam ihm dann die geniale Idee…

Bei nächstmöglicher Gelegenheit fing er den Direktor der Barclays Bank ab, bat ihn, ihm 90 Sekunden zuzuhören und erklärte ihm seine Erfindung „Geldmaschine“. Beide Männer verstanden sich bei einem Drink und erkannten wohl auch das Potenzial der Idee. Zigaretten und Schokolade konnte man ja schon weltweit aus Automaten ziehen, warum also nicht auch Geld? Der Bankdirektor gab John Shepherd-Barron einen neuen Termin in seinem Büro, was der Start für knapp zwei Jahre Vorbereitungszeit war.

Bei De La Rue Instruments wurde der erste ATM (Automated Teller Machine = Bankautomat) entwickelt und am 27. Juni 1967 in der Barclays Filiale in Enfield, unweit übrigens von meinem Wohnort im Norden Londons, in Betrieb genommen. Auch heute noch findet man bei vielen Barclays-Geldautomaten die Aufschrift „Hole in the Wall“ („Loch in der Wand“).

Der Service der Geldversorgung, die unabhängig ist von Banköffnungszeiten, wurde ein voller Erfolg, so dass es nun weltweit fast zwei Millionen Bankautomaten gibt. Technisch gesehen war ein Geldausgabeautomat der erste Computer-Terminal (noch vor dem PC!), der der allgemeinen Bevölkerung weltweit zugänglich war.

Damals waren allerdings noch keine Bankkarten mit Magnetstreifen oder gar Chips erfunden worden. Also erfolgte die Identifikation durch spezielle Schecks, die mit schwach radioaktivem C14 imprägniert waren und die der Automat nach der Auszahlung einbehielt.

4-stellige PIN-Nummern gab es dagegen von Anfang an. John Shepherd-Barron wollte – wie früher in der Armee – 6-stellige PINs einführen, doch seine Frau Caroline, die ihm auch als Versuchsperson diente, meinte, dass sie sich nicht mehr als 4 Ziffern merken könne…

Übrigens wurden damals maximal 10 britische Pfund ausbezahlt, was jedoch nach Meinung des Erfinders völlig ausreichend sei „für ein wildes Wochenende in London“.

Der Vater aller Geldautomaten wurde durch seine Erfindung allerdings nicht reich. Der Grund ist, dass er sich seine Idee nie patentieren ließ. Absichtlich, wie er meinte – er wollte Kriminellen nicht die Code-Technologie in die Hände spielen.

Aber dafür hat die Queen eingesehen, dass John Shepherd-Barrons Verdienste unseren Geldumgang revolutionierten und hat ihm 40 Jahre nach seiner Erfindung wenigstens den Orden „Order of the British Empire“ verliehen.

Was gibt es noch über John Shepherd-Barron zu berichten? Nun, mit 60 ging er in den Ruhestand und verbrachte seine letzten Lebensjahre auf seinem schottischen Bauernhof, wo er Schnecken züchtete…

In Schottland erfuhr er auch vom Problem der dortigen Lachsfarmer, denen die Seehunde die Bestände plünderten. Er erfand ein Gerät, womit sie durch den Gesang von Schwertwalen abgeschreckt werden sollten. Leider war diese Erfindung ein völliger Flop, denn es wurden nur noch mehr Seehunde angelockt…

Und Deutschland?
In Deutschland kann die Kreissparkasse Tübingen die Ehre beanspruchen, den ersten Geldautomaten aufgestellt zu haben; das war am 27. Mai 1968. Bis jedoch der erste Geldautomat online mit dem Bankensystem verbunden war, dauerte es weitere 10 Jahre. Die Kreissparkasse Köln installierte einen solchen zuerst.
Ob es allerdings Bargeldautomaten noch lange geben wird, ist fraglich. Wenn die Bestrebungen zur Bargeldabschaffung weiter vorangetrieben werden, werden auch diese Geldmaschinen überflüssig. In Skandinavien kann man schon sehen, wohin die Entwicklung führt. Weil hier die Zurückdrängung des Bargeldes am weitesten fortgeschritten ist, ist auch die Dichte an Geldautomaten am geringsten. Vor allem in Dänemark, wo heute schon 80% aller Transaktionen bargeldlos erfolgen.

Seit 2016 geht - nach Jahrzehnten der Zunahme auf bis zu 60.000 Stück - auch in Deutschland die Anzahl der Geldautomaten zurück. Zum einen ist daran die Bandenkriminalität Schuld, von der Deutschland naturgemäß sehr stark betroffen ist. Diese oft osteuropäischen Banden sprengten beispielsweise im Jahr 2017 fast 300 Geldautomaten, wodurch ein Sachschaden im im jeweils 5- bis 6-stelligen Bereich entstand. Die Beute liegt in der Regel zwischen 50.000 und 200.000 Euro.

Zum anderen liegt das auch daran, dass immer mehr bargeldlos bezahlt und online eingekauft wird. Dadurch wird der Betrieb eines Gerätes, was jährlich Kosten in Höhe von 20.000 bis 25.000 Euro verursacht, immer unrentabler. Somit verschwinden derzeit rund 850 Automaten pro Jahr.

Und weil die Bank in der Hosentasche, spricht die Smartphones mit Banking-App, immer beliebter werden und gleichzeitig der Trend vom Bargeld zum elektronischen Geld verläuft, werden immer mehr Löcher in der Wand wieder zugemauert. Eines nicht zu fernen Tages, wenn es nur noch E-Geld und Kryptowährungen gibt, werden auch die letzten Bankautomaten verschwunden sein.

AUCH INTERESSANT:
Der Krieg gegen Bargeld
Weil Dein Geld Dir gehört - Die besten Offshore-Banken
Die besten Alternativ-Auslandskonten



Ende der Leseprobe aus dem Gratis-Newsletter JEDEN TAG REICHER
© Copyright: Roland Benn / BIG BENN BOOKS


Zurück zur Übersicht

Gratis-Newsletter
JEDEN TAG REICHER



Gratis-Newsletter
JEDEN TAG REICHER



Gratis-Newsletter
JEDEN TAG REICHER

160x600 not

Gratis-Newsletter
JEDEN TAG REICHER


Gratis-Newsletter
JEDEN TAG REICHER



Footer von Jeden Tag Reicher