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Die ganz andere Karibik

Ihr Inselleben für wenig Geld auf Corn Island, Bocas del Toro, den Bay Islands – oder an der Karibikküsten Mittelamerikas. Wer Karibik hört, denkt an Luxusurlaub, für viele unbezahlbar und damit uninteressant. Das mag stimmen, wenn von Nobel-Absteigen auf Barbados, St. Barts, Paradise Island, Necker Island, Jumby Bay oder Mustique die Rede ist. Auf keinen Fall gilt es für die Karibik generell. Auf vielen Inseln leben Sie sogar ausgesprochen preiswert, auch auf den beiden großen, Kuba und Hispaniola. Letztere teilen sich das aktuell weniger gastliche Haiti, zurzeit eher ein Fall für Abenteurer, und die überaus interessante Dominikanische Republik, wo viele Europäer ihren karibischen Traum verwirklichen, ohne Millionär zu sein. Daneben gibt es eine ganze Reihe kleiner bis sehr kleiner Inseln, auf denen Sie mit 1.000 Dollar im Monat schon sehr gut leben.

Die preiswerte Karibik finden Sie vor allem auf den Inseln der mittel- und südamerikanischen Länder. Das beginnt im Norden mit Ambergris Caye (Belize) und den Bay Islands Roatan, Utila und Guanaja (Honduras). Auf all diesen Inseln treiben zwar US-Aussteiger die Preise nach oben, aber billiger als auf den Inseln mit britischer Vergangenheit ist es hier allemal.

Richtig interessant wird es weiter südlich: Auf Corn Island und Little Corn Island (Nicaragua), Bocas del Toro (Panama), San Andres und Providencia (Kolumbien) sowie Isla Margarita (Venezuela).

Sicher, hier haben Besucherzahlen und Bebauung in den letzten Jahren auch zugenommen. Klagen der einheimischen Insulaner, gar nichts sei mehr so wie früher, hören Sie hier überall. Recht haben sie. Ich habe gerade mit Freunden in Nicaragua telefoniert, und es hat sich tatsächlich viel verändert, seit ich Corn Island und Bocas del Toro vor zehn Jahren zum letzten Mal besuchte. Neue, bessere Hotels, Restaurants und Wohnungen am Strand wurden gebaut, Straßen geteert, es gibt besseres Telefon, Handy und Internet. Aber im Vergleich zu den touristischen Mega-Zielen der Großen und Kleinen Antillen geht es hier auch heute noch sehr harmlos und beschaulich zu – und die Preise sind immer noch recht bescheiden!

Nichts funktioniert, wie es soll? Willkommen in der Karibik!

Auf diesen Inseln sind keine Landschaftsarchitekten am Werk. Golfplätze suchen Sie vergeblich. Ästhetik ist nicht im Spiel, wenn da einer aus rohen Brettern für sich und seine Familie ein ortsübliches Haus zusammennagelt, mit Wellblech abdeckt und bunt anstreicht. Hotels auf diesen Inseln sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, meist einfache Holzhütten mit Zementfußböden.

Dass es eine Klimaanlage gibt und diese auch noch funktioniert, ist eher die Ausnahme. Erschrecken Sie nicht, wenn das Moskitonetz faustgroße Löcher hat und aus der Dusche nur kaltes Wasser kommt. Mit deutscher Verbissenheit kommen Sie da auch nicht weiter. Machen Sie es einfach wie die lebensfrohen Caribenos: keep cool. Keine Hektik. Nehmen Sie das Leben, wie es kommt. Sie ändern sowieso nichts, wenn Sie sich aufregen.

In Nicaragua ist die Reise in die Karibik ein kleines Abenteuer

Ärgern Sie sich nicht über überfüllte Taxis und verspätete Boote. Freuen Sie sich lieber, wenn überhaupt eins fährt. Rechnen Sie mit Stromausfällen und rauschenden Telefonen, mit Regen und Wolken am nicht immer blauen Himmel.

Erwarten Sie kein zartrosa Filet, nur weil Sie es so bestellt haben. Wenn Sie um 19 Uhr einen Hummer bestellen, wird er schon um 21 Uhr auf dem Tisch stehen. Dafür ist das Rindfleisch in den meisten dieser Länder besser als alles, was Sie aus Deutschland kennen. Und eine große Languste mit Beilagen kostet gerade mal 8 bis 12 Dollar, die Flasche Rum dazu die Hälfte, Cola zum Mischen inklusive.

Die echte Karibik finden Sie auf allen Inseln außerhalb der teuren Hotels. Besonders preiswert freilich sind außer den oben genannten Inseln Mittel- und Südamerikas auch die Küsten dieser Länder, von Mexiko über Belize, Honduras, Nicaragua, Costa Rica, Panama, Kolumbien bis Venezuela.

Nicaragua, größtes Land in Mittelamerika, ist vor allem zum Pazifik hin orientiert. Die Küstenstadt Leon, der Hafen Puert Corinto, die Badeorte Pochomil und San Juan del Sur liegen am Pazifik. Die Hauptstadt Managua an der Panamericana liegt nur 50 Kilometer vom Pazifik entfernt.

Wenn Sie mit einem normalen Auto in die andere Richtung wollen, zum Atlantik, dann kommen Sie auf bequemen Straßen nur bis zum kolonialen Granada am Nicaragua-See, nach El Rama oder in die hochgelegenen Kaffeestädte Matagalpa und Jinotega.

Die Karibikküste ist eine ganz andere Welt, abgeschnitten vom Rest Nicaraguas. Bluefields, Prinzapolka oder Puerta Cabezas, das hat nichts von Granada oder Managua. Sie denken, Sie sind in einem anderen Land, wenn Sie hier aus dem Flugzeug steigen. Sogar die Sprache ist anders. Spanisch wird zwar verstanden, gebräuchlicher ist aber das eigenartige, einfache Englisch der Karibik, das ohne Grammatik auskommt.

Von Managua zur Küste: vier Tage mit dem Bus durch den Regenwald

Die Menschen an dieser Küste und auf Corn Island haben mit ihren Landsleuten in Managua, Granada oder Leon weniger gemeinsam, als mit den Bewohnern der anderen Inseln in der Nähe, San Andres und Providencia, die zu Kolumbien gehören (geografisch aber nördlicher liegen als Corn Island und ebenfalls Nicaragua zugeordnet werden müssten).

Den Inselbewohnern ist das sowieso egal. Die besuchen sich gegenseitig mit ihren einfachen Booten mit Außenborder, spielen ab und zu mal Fußball gegeneinander und haben ihren Spaß, ohne sich im Geringsten um offizielle Ein- und Ausreiseformalitäten zu scheren. Für Nicaragua und die Politik in Managua interessiert sich auf Corn Island kaum einer. Ob da gerade die Sandinisten, sprich Kommunisten regieren oder die Liberalen, macht für das Leben auf der Insel keinen Unterschied aus.

Von Managua her sind die Atlantikstädte Bluefields, Prinzapolka und die Laguna de Perlas nicht mit dem Auto zu erreichen. Nicht einmal mit dem Allrad. Lediglich nach Puerta Cabezas führen Pisten von Matagalpa und Jinotega aus, auf denen sogar Linienbusse verkehren. Reisedauer von Managua zwei bis vier Tage durch den Regenwald, je nach Jahreszeit und Zustand der Wege. Ein Abenteuer, wie Sie es nicht alle Tage erleben, vorausgesetzt, Zeit spielt für Sie keine Rolle.

Mit dem Schnellboot auf dem Rio Escondido: Nichts für schwache Nerven

Nur für Abenteurer ist auch der Landweg nach Bluefields, das seinen Namen übrigens dem Piraten Henry Bluefeldt verdankt: Zuerst geht es mit dem Auto oder Bus 300 Kilometer über Juigalpa nach El Rama, einem Urwaldstädtchen mit 5.000 Menschen an der Mündung des Rio Rama und des Rio Sequia in den Rio Escondido, der knapp 100 Kilometer weiter bei Bluefields in den  Atlantik mündet. Die Fahrt von Managua nach El Rama dauert etwa fünf Autostunden, seit die Straße geteert ist. Für Autos gibt es in El Rama sichere, bewachte Parkplätze.

Von El Rama aus fahren mehrmals am Tag Schiffe nach Bluefields, und außerdem viele…

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© Copyright: Norbert Bartl, Leben im Ausland / Roland Benn, Big Benn Books





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