Nauru - eine Geschichte ohne gleichen
Als erster Europäer betritt der britische Kapitän John Fearn mit seiner
Mannschaft 1798 eine bis dato unbekannte Insel im Südpazifik. Weil die
Bewohner überaus freundlich und auch bereit waren, Handel zu treiben,
nennt er sie „Pleasant Island“ (Freundliche Insel). Die nächsten 90
Jahre war dies der offizielle Name, dann übernahm das Deutsche Reich
1888 die Insel als Kolonie und nannte sie Nauru.
Von der Frühgeschichte Naurus ist sehr wenig bekannt, die moderne
Geschichte dagegen umfasst etwas mehr als 220 Jahre, ist aber
ungewöhnlich abwechslungsreich wie bei kaum einem anderen Land der
Welt. So ist es z.B. erst ein paar Jahrzehnte her, da war Nauru
gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf das reichste Land der Erde,
um danach mehrmals fast bankrott zu sein…
Nauru ist mit seinen 21,1 Quadratkilometern Fläche nach der drittkleinste und Einwohnerzahl nach der
zweitkleinste Staat sowie die allerkleinste Republik der Erde. Heute
beträgt die Einwohnerzahl gut 13.000 – aber zwei Mal waren die Nauruer
vom Aussterben bedroht:
1921 führte der damalige australische Verwalter eine Volkszählung
durch, bei der festgestellt wurde, dass die Bevölkerungszahl durch
hauptsächlich von Weißen eingeschleppte Krankheiten auf nur noch 1.068
gesunken war. In einem Treffen mit den Stammeshäuptlingen erklärte er,
dass diese Zahl zu klein war und dass sie nie unter 1.500 Personen
fallen sollte, wenn die Nauruer überleben wollten. Es wurde
beschlossen, dass der Tag der Geburt des 1.500. Neu-Nauruers ein
inselweiter Feiertag sein würde und dass das Neugeborene reichlich
beschenkt werden würde. Die daraufhin erfolgten Anstrengungen waren
tatsächlich erfolgreich und am 26. Oktober 1932 wurde das sog. Angam
Baby geboren, womit die Nauruer wieder 1.500 Menschen zählten. Dieser
Tag ist bis heute als Angam Day Nationalfeiertag.
Von August 1942 bis September 1945 war Nauru von den Japanern besetzt.
Diese deportierten 1.200 Nauruer zur Zwangsarbeit auf die Pazifikinsel
Truk. Nur 737 Nauruer konnten nach dem Krieg wieder in ihre Heimat
zurückkehren, fast 500 verstarben in den japanischen Arbeitslagern,
darunter auch das inzwischen 13-jährige Angam Baby. Zusammen mit den
ca. 600 nicht deportierten Nauruern war somit die Bevölkerung wieder
unter 1.500 gefallen – es mussten zum zweiten Mal möglichst schnell
möglichst viele Nachkommen produziert werden, was diesmal schon
innerhalb von vier Jahren gelang! Auch heute noch liegt die
Fruchtbarkeitsquote bei 4,3 Geburten pro Frau…
Naurus Geschichte im Schnelldurchlauf
Nauru ist eine Koralleninsel, gehobenes Atoll auf der Spitze eines
erloschenen, untermeerischen Vulkans. Der riesige Korallenstock reicht
etwa 2000 Meter tief in das Meer, die höchste Erhebung der Insel ist
etwa 60 m über den Meeresspiegel. Im Vergleich mit anderen Atollen hat
Nauru eine sehr kleine Lagune. Einen Kilometer von der Küste entfernt
beträgt die Meerestiefe bereits mehr als 1.000 Meter, und der
Inselsockel fällt steil bis in eine Tiefe von etwa 4.300 Meter ab.
Die Herkunft des nauruischen Volkes ist bis heute nicht endgültig
geklärt. Möglicherweise kamen mit der letzten malayo-pazifischen
Völkerwanderung (etwa um 1200 v. Chr.) polynesische und melanesische
Seefahrer oder Schiffbrüchige von Neuguinea aus auf die Insel; eine
Urbevölkerung gab es nicht.
In Nauru lebten früher zwölf Stämme, die jeweils eine eigene
Abstammungsgeschichte hatten. Sie sind im zwölfzackigen Stern der
Staatsflagge verewigt. Zwei Stämme sind während der japanischen
Besatzungszeit ausgestorben.
Vor 1888 gab es auch kein gemeinsames
Oberhaupt über alle Stämme; als die Deutschen Nauru von den Briten
übernahmen, bestimmten sie einen der Häuptlinge zum Inselkönig.
<<
Der von den Deutschen eingesetzte Inselkönig und seine Frau hatten sich
durch züchtige Kleidung von den Untertanen zu unterscheiden. Bis 1902
war Polygamie gestattet, dann wurde sie durch die christliche Ehe
ersetzt.
Von den ursprünglich 168 Dörfern existieren noch 16 Siedlungen
(Distrikte). Nauru ist die einzige Republik dieser Welt, die keine
eigentliche Hauptstadt hat. Die Regierungsbehörden sind aber alle im
Distrikt Yaren angesiedelt.
Nauru hat einen (internationalen) Flughafen und die nationale Fluggesellschaft Air Nauru (heute: Our Airline) besitzt ein - geleastes - Flugzeug.
Die Reichtums-Zeit
Im Jahr 1900 wurden auf Nauru sehr reichhaltige Phosphatvorkommen
entdeckt, die teilweise sogar fluorhaltig waren. Sie entstanden über
Jahrtausende aus Vogelkot (Guano). Bis auf einen schmalen
Küstenstreifen war der innere Teil der Insel von dem Nauruit genannten
Mineral bedeckt. Ab 1907 wurde dieser einzige Bodenschatz von einer
deutsch-britischen Gesellschaft abgebaut und als wertvoller Dünger in
alle Welt verschifft. Zum Abbau wurden auch Gastarbeiter aus China und
von den Gilbertinseln angeworben.
Zu Beginn des 1. Weltkrieges wurde Nauru wie die anderen deutschen
Pazifik-Kolonien kampflos aufgegeben und von australischen Truppen
besetzt. Australien verwaltete die Insel nach Kriegsende als
Mandatsgebiet und sicherte sich die Rechte am Abbau der
Phosphatvorkommen, wobei die australischen Verwalter den nauruischen
Häuptlingen umgerechnet nur wenige Euro dafür bezahlten.
Im 2. Weltkrieg kamen die Japaner auf Nauru und versuchten ihrerseits
die Phosphatvorkommen auszubeuten, was aber fehlschlug. Stattdessen
verschleppten sie einen Großteil der Bevölkerung in Arbeitslager auf
andere Pazifikinseln.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel Nauru wieder zurück an Australien, doch 1951 übernahm Hammer DeRoburt
den Vorsitz des Lokalen Regierungsrats, einer verwestlichten Form des
früheren „Rates der Stammeshäuptlinge“. Er hatte in den 1930er Jahren
als einer der ersten Nauruer eine australische Schule besucht und
kämpfte für die Unabhängigkeit Naurus.
Als sich Mitte der 1960er Jahre die allmähliche Zerstörung und
Unnutzbarkeit der Insel abzeichnete, war Australien zu Gesprächen
bereit. Man hat Nauru als Ersatz eine Insel vor der Künste von
Queensland angeboten, doch das nauruische Wahlvolk entschied sich bei
der Volksabstimmung für die von DeRoburt empfohlene Unabhängigkeit. Zunächst
wurde Nauru ein hohes Maß an innerer Autonomie zugestanden und am
31.01.1968 erhielt Nauru von der UNO und Australien die politische
Unabhängigkeit und völkerrechtliche Souveränität als Republik
zugesprochen; erster Präsident wurde folgerichtig DeRoburt.
Ab 1970 konnte Nauru endlich selbst vom Phosphatabbau profitieren.
Durch die Erträge aus jährlich etwa 2 Millionen Tonnen Guano wurde nun
viel in Bildung (die Alphabetisierungsrate ist mit über 99% die mit
Abstand höchste in Ozeanien) und modernste Infrastruktur investiert,
zwei Elektrizitätswerke errichtet, eine die gesamte Insel umrundende
Asphaltstraße gebaut sowie eine weitere zur Buada-Lagune im
Landesinneren. Das war die Zeit, als Nauru neben Saudi-Arabien zum
reichsten Staat der Welt wurde. Rund 75% des Bruttosozialprodukts
wurden durch den Export dieses Rohstoffes erwirtschaftet.
Übrig blieb allerdings eine öde, unbewohnbare Mondlandschaft aus Korallenresten und Geröll (siehe Foto) und
ein nur 150 bis 300 Meter breiter bewohnbarer Küstenstreifen. Nauru
wollte daraufhin Australien beim Internationalen Gerichtshof wegen der
fast entschädigungslosen Ausbeutung des Bodenschatzes vor der
Unabhängigkeit verklagen, nahm davon aber 1993 wieder Abstand, als
Australien 107 Millionen Dollar zur Renaturierung Naurus zusagte. Mit
importiertem Humus sollte unter anderem die Karstlandschaft im
Inselinneren aufgefüllt werden. Zum Teil gelang dies und es wachsen
wieder viele Pflanzen aus der Korallenlandschaft und ca. zwei
Quadratkilometer der Insel sind bewaldet, aber wegen der doch großen
Fläche wurde das Vorhaben wieder aufgegeben und das Geld für die
weitere Modernisierung der Infrastruktur verwendet.
Der größte Teil der üppigen Einnahmen aus dem Phosphatabbau wurde der
Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Bis 2001 war die medizinische
Behandlung kostenlos, es gab weder Steuern noch Verwaltungsgebühren.
Die Nauruer lebten meist sorglos und hatten oft keinen geregelten
Tagesablauf, es wurde viel gefeiert. Jeder Haushalt besaß
durchschnittlich zwei bis drei Autos (bei nur 29 Kilometern
asphaltierter Straßen!) und ein Motorboot. Viele Nauruer flogen häufig
nach Australien, um sich mit den neuesten und modernsten Konsumgütern
einzudecken.
Die Armuts-Zeit
Als ab den 1990er Jahren der Phosphatabbau abnahm (und ab 2000 nur noch
sehr wenig abgebaut wurde), begann sich Armut auszubreiten. Hinzu kamen
Korruption im Zusammenhang mit Finanzgeschäften und eklatante
Fehlinvestitionen, so dass Nauru auf den Stand eines Entwicklungslandes
zurückfiel. Nun mussten andere Einnahmequellen erschlossen werden:
Zunächst versuchte man, sich als Steueroase und Finanzparadies einen
Namen zu machen. Doch schnell geriet das nauruische Finanzsystem in den
Verdacht, Geldwäsche und Anlagebetrug in großem Stil zuzulassen.
Tatsächlich wurden gegen Nauru als ersten Staat in der Geschichte
Sanktionen der OECD
wegen Geldwäsche durch die hauptsächlich russische Mafia verhängt und
das Land auf die schwarze Liste gesetzt. Nachdem 2003 sämtliche
Banklizenzen widerrufen wurden, wurden auch die Sanktionen wieder
aufgehoben.
Nauru verstand es eine Zeitlang, aus politischen Gegensätzen Kapital zu
schlagen. So ließ sich Nauru 2002 von China dafür bezahlen, dass es die
diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrach. Diese nahm der nächste
nauruische Präsident aber im Jahr 2005 wieder auf und bekommt dafür
jährlich Entwicklungshilfe von Taiwan.
Eine andere Haupteinnahmequelle (zeitweise die einzige für den
Staatshaushalt) war und ist das Flüchtlingslager für Asylbewerber
hauptsächlich aus Afghanistan, Sri Lanka, Indien und Pakistan für die
Dauer ihres Asylverfahrens in Australien.
<< Dorfbevölkerung im Jahr 1896 in der damals üblichen und für die Tropen zweckmäßigen Bekleidung.
Die Idee, eine Deponie für australischen Atommüll zu werden, wurde
nicht realisiert. Auf der anderen Seite zahlt Australien recht viel
Entwicklungshilfe im Gesundheitsbereich, was wegen des schlechten
Allgemeingesundheit der Bevölkerung dringend notwendig ist.
Auch an dem sehr weit verbreiteten Diabetes will der Staat profitieren:
1997 schloss die Regierung einen Vertrag mit dem Internationalen
Diabetes-Institut (IDI) über ein Langzeitprojekt zur Diabetesforschung
ab. Der Vertrag beinhaltet, dass sich Nauruer für einen Zeitraum von 20
Jahren für genetische Untersuchungen zur Verfügung stellen und dass der
Staat an wirtschaftlich verwertbaren Ergebnissen der Studie beteiligt
würde.
Diese Zivilisationskrankheit
ist zwar heute auf fast allen Pazifik-Inseln sehr verbreitet, aber auf
Nauru erst recht. Jeder dritte Mann hat Diabetes Typ II. Damit hat
Nauru pro Kopf die höchsten Rate der Welt, übrigens auch bei
Nierenversagen und Herzkrankheiten. Ursache dürfte die Verwestlichung
der Ernährung sein in Form von Softdrinks, Fertiggerichten und
Konserven, während Gemüse kaum vorkommt. Laut Global Nutrition Report
lag der Anteil Fettleibiger in Nauru zwischen 2010 und 2014 bei 39,7
Prozent, das Vierfache des weltweiten Durchschnitts. Demzufolge ist die
Lebenserwartung von nur 57,5 Jahren bei Männern und 63,2 Jahren bei
Frauen sehr niedrig.
Neue Hoffnung
Mit Entdeckung neuer Phosphat-Vorkommen, die bis etwa 2035 ausreichen
sollen, hat die Wirtschaft des Landes seit 2005 wieder deutlich
zugenommen. Auch diese Vorkommen haben den höchsten Phosphatgehalt der
Welt.
Die allmähliche Rückwandlung Naurus von der Mondlandschaft zur tropischen Insel soll ca. bis zum Jahr 2030 erreicht werden.
Sonstiges
Nauru besitzt kein Militär; aufgrund eines Abkommens ist Australien für
die Verteidigung der Insel mit verantwortlich. Über 3.000 Nauruer
würden für eine Rekrutierung zur Verfügung stehen, aber weniger als
2.000 davon sind gesundheitlich tauglich…
Die innere Sicherheit Naurus wird durch eine kleine Polizeieinrichtung
unter bürgerlicher Kontrolle gewährleistet. Die schwersten
vorherrschenden Gesetzesbrüche sind Fahrraddiebstahl,
Geschwindigkeitsübertretung, Hausfriedensbruch und Unruhestiftung.
2016 schaffte Nauru mit einer Strafrechtsreform folgendes ab:
Todesstrafe, Einzelhaft, Verurteilung zur Zwangsarbeit sowie
Homosexualität als Straftatbestand. Auch Selbstmordversuche sind jetzt
straffrei. Neu ist dagegen, dass Vergewaltigung in der Ehe zur Straftat
wurde.
Nauru gehört zu den ganz wenigen Ländern, die keinen einzigen
Corona-Fall zu registrieren hatten. Trotzdem hatte das Land im Mai 2021
alle rund 7.300 Erwachsenen mit AstraZeneca erstgeimpft - und damit
quasi einen Weltrekord aufgestellt.
AUCH INTERESSANT:
Konzepte für Gratis-Kredite
Die perfekte Hammer-Sparanlage, die vielleicht beste der Welt
200 Euro kostenlos
Lexikon Offshore-Banken - weil dein Geld dir gehört
Lexikon Offshore-Firmen
Lexikon Auswandern - weil dein Leben dir gehört
Lexikon Staatsbürgerschaften
|