Was ist ein Kontenabrufverfahren?
Leseprobe
aus dem Ebook „GELD IM AUSLAND 1 – So spürt der Fiskus Auslandskonten
auf“ (Zur Inhaltsangabe)
Ein
Beispiel für deutsche Gründlichkeit und gleichzeitig eine Spezialität,
die es
nur im Land der Michels gibt, ist der so genannte Kontenabruf, auch Kontenscreening genannt.
Unter
Kontenabruf versteht man die Einsicht staatlicher Stellen in die
Kontostammdaten aller Kunden, die irgendein Bankkonto oder
Wertpapierdepot bei
einem in Deutschland tätigen Finanzinstitut unterhalten.
Seit
1. April 2003 sind alle diese Institute gesetzlich verpflichtet, die
Kontostammdaten an die BaFin, die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht, zu melden.
Bei
Verdacht auf eine Straftat, z.B. Steuerhinterziehung, greift die
Behörde auf
diese Daten zu und versorgt auch andere Behörden mit entsprechenden
Auskünften.
Aber
es ist nicht unbedingt ein Verdacht notwendig:
Finanzämter
können über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) jederzeit
Kontendaten
abrufen, wenn der Sachbearbeiter dies für das Besteuerungsverfahren
notwendig
hält.
Zu
diesem Zweck wurden extra Änderungen
der Abgabenordnung
(AO) vorgenommen, und zwar der Paragrafen §§ 93 Abs. 7 und 8, 93b AO
sowie §
24c KWG.
Der
Steuerpflichtige muss nicht informiert werden...
Übrigens
erteilt das Bundesamt für Finanzaufsicht (BaFin) auch anderen Ämtern in vielen
weiteren
Fällen Auskünfte wie beispielsweise bei Ausbildungsförderung,
Erziehungsgeld,
Sozialhilfe, Sozialversicherung, Unterhaltssicherung, Wohngeld,
Wohnraumförderung usw.
Darüber
hinaus ruft die BaFin nicht nur für Steuerfahndungsstellen Daten ab,
sondern
auch für Gerichte, Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften, Zoll, Krankenkasse, Gerichtsvollzieher
usw.
Wurden
im Jahr 2004 nur 8.700 Anfragen bearbeitet, so waren es in 2011
schon fast 100.000 und in 2016 sogar 358.228. Tendenz: weiter steigend
bzw. weiter explodierend: 2018: 796.600. Im Jahr 2019 wurde die
Millionenmarke geknackt, in 2021 waren es 1.304.565
Abfragen und in 2023 unfassbare fast 1,5 Millionen. Das sind ca. 6.000 Kontenabrufe pro Tag. Gerichtsvollzieher
machen am
häufigsten davon Gebrauch, gefolgt von Finanzbehörden und Sozialämtern.
Die
Banken in Deutschland sind heute sogar verpflichtet, die Adressen und
die Steuer-Identifikationsnummern an das Bundeszentralamt für Steuern
zu übermitteln. Und die Schließfachnummer, falls vorhanden. Kein Betroffener wird über die Weitergabe seiner Daten
informiert.
Und noch eine Verschärfung: Durften Banken früher
Kundendaten nach drei Jahren nach Auflösung eines Kontos bzw. Depots
löschen, so ist dies jetzt erst nach 10 Jahren erlaubt. Somit schützt
eine reine Kontoauflösung nicht vor eventueller Strafverfolgung und ist
noch ein Jahrzehnt lang eine riskante Altlast. (Lese-Tipp: "Was nach einer Steuer-Selbstanzeige fällig wird")
Das
Kontenabrufverfahren hat sich bisher als recht effizient erwiesen, denn
in rund
45 Prozent aller Verdachtsfälle führt dies zur Aufdeckung bislang
verschwiegener Kapitaleinkünfte.
BIG
BROTHER IS WATCHING YOU !
(AND
YOUR ACCOUNTS)
In
Deutschland existiert also gegenüber dem Finanzamt kein Bankgeheimnis
mehr.
Dass dieses Beispiel bereits Schule macht, erfahren Sie im übernächsten
Kapitel, denn Exportweltmeister Deutschland exportiert sogar das
Kontenabrufverfahren und zwingt es immer mehr anderen EU-Mitgliedern
auf.
Der
Kontenabruf ist aber nicht die einzige Quelle, die den Finanzbehörden
wichtige
Informationen liefert, es gibt noch zwei weitere.
…
Dies
war eine Teilkapitel aus „GELD IM AUSLAND 1 – So spürt der Fiskus
Auslandskonten auf“
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