Immobilienwert:
Hohes Steuerrisiko bei Überbewertung
Im Zuge der Erbschaftsteuerreform
könnte es zu Steuernachteilen für die Erben kommen – Gutachten können
Abhilfe
schaffen. Die neue steuerliche Bemessungsgrundlage von Immobilien
könnte in
Folge der Erbschaftssteuerreform manchen Erben Kopfzerbrechen bereiten.
Nach
Einschätzung des öffentlich
bestellten und vereidigten Sachverständigen Stephan Schulz wird es
sowohl bei
Wohngebäuden als auch bei gewerblich genutzten Objekten in der Mehrzahl
der
Fälle zu deutlichen Überbewertungen durch die Finanzbehörden kommen.
Der Ansatz
des Fiskus könnte zwischen 20 und 50% über dem Verkehrswert liegen, in
Einzelfällen deutlich darüber. Das geht zu Lasten des
Steuerpflichtigen. Ein
Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen
als
verbindlich vorgeschriebener Nachweis kann eine solche Überbewertung
verhindern.
Maßstab bei der Wertermittlung der
Immobilie ist das Bewertungsgesetz BewG. Dieses enthält lediglich
standardisierte Rechenoperationen mit festen Vorgaben, mit denen
Anwender, wie
etwa Finanzbeamte oder Steuerberater, nur Zahlen ermitteln können.
Deren
Richtigkeit und Marktbezug wird nicht überprüft. Eigenschaften, die den
Wert
der Immobilie mindern, werden nicht berücksichtigt, darunter Leerstand,
Bauschäden, Qualität der Bausubstanz oder die schlechte Lage des
Grundstücks.
Ehepartner und Kinder können ein
solches Objekt aufgrund der Freibeträge im Falle einer zehnjährigen
Weiternutzung
grundsätzlich steuerfrei übernehmen, ohne dass hierfür eine
Immobilienbewertung
erforderlich ist.
Bei nahen Verwandten, darunter
Geschwistern, Nichten und Neffen, ist dies anders: Hier liegt der
Steuerfreibetrag bei maximal 20.000 Euro.
Das Finanzamt geht bei der
Ermittlung – sofern keine direkt vergleichbaren Kaufpreise im
jeweiligen Umfeld
vorliegen – stets vom einwandfreien Zustand eines durchschnittlich
gelegenen
Einfamilienwohnhauses aus. Der Fiskus errechnet den Immobilienwert
ausschließlich
nach dem so genannten Sachwertverfahren. Maßstab sind hier
bundeseinheitliche
Baukosten, ohne dass Eigenleistungen berücksichtigt werden.
Bei dem Sachwertverfahren wird das
Einfamilienhaus in zehn Bauteilgruppen eingeteilt. Diese haben jeweils
zehn Prozent
Anteil am Gesamtobjekt. Ein Finanzbeamter klassifiziert jede
Bauteilgruppe –
meist ohne Ortsbesichtigung – hinsichtlich der Qualität als „einfach“,
„mittel“
oder „gehoben“. Daraus ergeben sich unterschiedlich hohe
Quadratmeterpreise,
aus deren Mittelwert sich der Herstellungswert ergibt.
Was auf den ersten Blick ein
Vorteil für den Eigentümer ist, erweist sich später fiskalisch als
Nachteil:
Insgesamt 60 Prozent des Gebäudes werden auch dann als gehoben
eingestuft, wenn
es sich um heutzutage selbstverständliche Eigenschaften handelt. Dazu
zählen
Bäder und WCs, die bis zur Decke gefliest (10%) sowie zeitgemäß
ausgestattet
(10%) sind. Furnierte Innentüren machen denselben Anteil aus. Verfügt
das
Gebäude über Tondachpfannen, eine Zentralheizung mit
Warmwasseraufbereitung
sowie mehrere Lichtauslässe und Steckdosen in einem Raum, trägt solche
Ausstattung zu weiteren zehn Prozent „gehobener“ Qualität bei.
Umso schlechter für den Bauherren:
Er hat durch Eigenleistung Baukosten eingespart und muss diese nun
komplett
versteuern.
Der
nächste Nachteil:
Weil es eine 40-prozentige
Mindestrestnutzungsdauer bei einer Gesamtlebensdauer von 80 Jahren
gibt, kann
laut Fiskus ein etwa 75 Jahre altes Einfamilienhaus gemäß
Bewertungsgesetz im
Ist-Zustand stets mindestens weitere 32 Jahre (80 Jahre x 0,4) bewohnt
werden.
Dies gilt auch dann, wenn es tatsächlich kurz vor einer grundlegenden,
kostenintensiven Sanierung steht.
Des Weiteren dürfen die
Finanzbehörden im Gegensatz zu einem Sachverständigen keine
Reparaturkosten,
sonstige Sanierungs- bzw. Investitionsbedarf zum Wohle des
Steuerpflichtigen
abziehen, selbst wenn dies mit dem bloßen Auge erkennbar ist. Das gilt
auch für
ein beschädigtes Dach.
Abschließend ziehen die Finanzbehörden
eine
bundeseinheitliche, prozentuale Wertzahl, die so genannte
Marktanpassung, vom
bislang errechneten Immobilienwert ab. Diese fällt im Vergleich zu den
im
Landkreis üblichen Abschlägen um etwa zehn bis zwanzig Prozent zu
niedrig aus.
Fazit:
Das Bewertungsgesetz BewG
und der Ausführungserlass der Finanzbehörden enthalten mehrere
unpraktikable
Festsetzungen zum Nachteil des Steuerpflichtigen. Bis es zu einer
Änderung des
Gesetzes kommt, hilft in der Mehrzahl der Fälle ein Gutachten als
Beweis. Den
Finanzbehörden obliegt in diesen Fällen die Beweiswürdigung.
Neu ist, dass eine
bloße Mitteilung eines selbst ermittelten Immobilienwerts, etwa durch
den
Steuerberater, nicht mehr ausreicht. Auch Schriftstücke, die
unvollständig sind
oder methodische Mängel aufweisen und folglich per Definition kein
Gutachten
sind, können die Finanzbehörden ohne fachliche Begründung zurückweisen.
Um das Kostenrisiko zu minimieren,
sollte jeder Steuerberater bzw. jeder betroffene Steuerzahler vorab
anhand
eines „Quickchecks“ des Grundstückswerts durch einen Sachverständigen
auf
Stundenbasis prüfen lassen, ob der von den Finanzbehörden errechnete
Grundbesitzwert akzeptabel oder ein Gutachten sinnvoll ist. Das ist
dann der
Fall, wenn die voraussichtliche Steuerersparnis die
Sachverständigenkosten
übersteigt.
Kontakt:
Hartmann Schulz Partner,
Herr Dipl.-Architekt Stephan Schulz
Annastraße 28, 97072 Würzburg, www.hartmann-schulz-partner.de
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