Prognosen
sind so verlässlich wie Bleigießen, schrieb „Der Gelbbrief“ in
seiner letzten
Ausgabe. Interessant, welche 48 renommierte Institutionen sich auch
dieses Jahr
für diesen Unsinn hergeben und noch interessanter zu sehen, wer für
2014 „Treffer“
landete und wer nicht.
Prognosen
(für 2015) sind sind
so verlässlich wie Bleigießen.
Umso
erstaunlicher ist, wer sich immer wieder für diesen Unsinn hergibt und
wie sehr
noch immer diesem Unsinn geglaubt wird. 48 Institutionen (der
Wirtschaft)
wurden Ende 2013 über ihre Einschätzung zum deutschen
Wirtschaftswachstum
(Kriterien: Konsumanstieg, Exportwachstum und Anstieg der
Investitionen)
befragt. Drei „Treffer“ – im Rahmen von Spannbreiten – erzielte dabei
nur das
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (bitte keine voreiligen
Rückschlüsse: Im
Jahr davor lag dieses Institut abgeschlagen auf Platz 36!). Völlige
Fehlprognosen
(dreimal daneben, kein Treffer!) lieferten allein 15 Institute –
darunter der
Sachverständigenrat, das Institut für Weltwirtschaft in Kiel, der HWWI,
die
EU-Kommission, das Ifo-Institut München, der Bundesverband Deutscher
Banken,
die Allianz SE und die Kiel Economics, um nur einige zu nennen.
Zur
Klarstellung: Auf das Geschwätz, was selbsternannte Starinvestoren in
Hochglanzgazetten immer wieder zum Besten geben, gehen wir erst gar
nicht ein.
Der
Club of Rome, um noch ein bisschen weiter auszuholen, glaubte bereits
1972
voraussagen zu können, dass spätestens in den 90er Jahren die Ölquellen
versiegen und für die Zeit ab 2010 weltweit extreme Hungersnöte
herrschen. Ist
irgendwie anders gekommen (dazu später).
Dabei
ist alles eigentlich ganz einfach:
Die zukünftigen Entwicklungen, die die
Wirtschaftszahlen bestimmen, hängen von dem ab, was in Zukunft
passiert. Aber
genau das kann man – leider – bestenfalls ahnen. Läuft alles wie
bisher, sind
die Prognosen noch am ehesten tauglich. Aber meist kommt es anders, als
man
denkt.
Am
seriösesten wäre es nach Auffassung ihres Kolumnisten, sich bei den
Prognosen
darauf zu beschränken, wo oder was vermutlich in naher Zukunft die
„Schlachtfelder“ sein werden, wo die entscheidenden Weichen für die
Entwicklung
an den nationalen und internationalen Märkten gesetzt werden. Die
Schuldenorgie, Haushaltsdisziplin in den „Südstaaten“, Grexit,
Scheitern des
Euro, Inflation, Deflation, sukzessive Schuldenschnitte, Drücken der
Reset-Taste, Negativzinsen usw. – das sind die üblichen Verdächtigen,
die in
diesem Kontext thematisiert werden. Zumindest insoweit wagen wir hier
und heute
eine klare Prognose für 2015:
Die
Musik spielt im Ölsektor:
Erstaunlich ist, wie wenig Aufmerksamkeit die
geradezu epochalen Veränderungen am Ölmarkt bislang gefunden haben.
Amerika ist
dank Fracking zur energieunabhängigen Ölsupermacht aufgestiegen. Die
Opec-Staaten reagieren auf das Überangebot nicht (mehr) durch
Drosselung der
Fördermengen. Der Ölpreis fällt – auch wegen der weltweit eher
schwachen Konjunktur
– ins Bodenlose, nunmehr bereits unter 47 USD/Barrel. Soweit die Fakten.
Die
globalen Folgen des Ölpreisverfalls können derzeit nur geahnt werden:
Die
Scheichs – dort arbeitet man mit Kosten von nur 4-5 USD/Barrel – können
den
Ölpreisverfall noch am ehesten aussitzen. Länder wie Russland, der Iran
und
Venezuela hingegen befinden sich auf direktem Weg in die Staatspleite
(Russland
benötigt einen Ölpreis von ca. 90 Dollar, der Iran und Venezuela von
vermutlich
weit über 100 Dollar), nur um die Kosten zu decken. Staatspleiten und
damit
einhergehende politische Verwerfungen – zum Guten oder Schlechten? –
sind
vorprogrammiert. Gewinner sind die USA („Re-Industrialisierung“) sowie
–
zunächst einmal – alle Erdöl-importierenden Nationen. Das weltweite
Wirtschaftswachstum könnte sogar um bis zu 0,5% steigen.
Aber
Vorsicht:
Die neue Fracking-Industrie in den USA steht ebenfalls auf wackeligen
Beinen. Man benötigt auch dort einen Ölpreis von mindestens 60-70
Dollar. Vor
allem: Die US-Fracking-Industrie (Lehman und die
Immobilien-Verbriefungen
lassen grüßen) ist mit dem lockeren Notenbankgeld der letzten Jahre mit
ca. 200
Milliarden „Öl-Ramschanleihen“ bis an den Schornstein verschuldet.
Durchaus berechtigte
Frage: Wo bricht das Kartenhaus zuerst zusammen: In Venezuela,
Russland, Iran
oder in den USA/Abteilung Fracking-Ramschanleihen?
Nochmals:
Wie sich all dieses ausbalanciert oder auch nicht, DAS wird 2015 die
Kurse und
Wirtschaftszahlen bewegen. © jur. Muc 2015, DER GELDBRIEF
01/2015
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