Das gab es tatsächlich noch nie...
...dass ein DAX-Unternehmen Insolvenz anmelden musste!
Vorwort der Geldbrief-Ausgabe 13/2020 vom 06.07.2020:
Wirecard schreibt Geschichte. Zum ersten Mal
muss ein DAX-Unternehmen Insolvenz anmelden. Diese Nachricht hat viele
Anleger „auf dem falschen Fuß“ erwischt. Ist man als Anleger solchen
wohl kriminellen Machenschaften schutzlos ausgeliefert? Konkret: Lässt
sich das Risiko einer Aktienanlage minimieren? Dazu müssen wir nur die
Kapitalmarkt-Theorie bemühen.
Das sogenannte Einzelwertrisiko (unsystematisches Risiko) kann durch
ausreichende Streuung der Wertpapiere fast völlig eliminiert werden
(Diversifikation – wie Sie es von den Geldbrief-Echtgeld-Depots
wissen). Investoren, die nicht über ausreichende Zeit- und
Analysekapazitäten verfügen oder auf die Geldbrief-Lektüre verzichten,
sind also gut beraten, in Aktienkörbe (ETFs) zu investieren. Unser ETF-Depot 5+
ist ein Musterbeispiel für diesen Investmentansatz. Wenn sich diese
Erkenntnis durchsetzt, hätte Wirecard für die Aktienkultur sogar etwas
Gutes. Beispiel:
Im Stoxx Europe 600 wird das unsystematische Risiko bei 600 Einzeltiteln fast vollständig herausdiversifiziert.
Lange Gesichter gibt es insbesondere auch für die Besitzer von
„Aktienanleihen“ auf die Wirecard-Aktie. Wir können uns nicht erinnern,
dass wir je solche Aktienanleihen empfohlen und/oder gekauft hätten.
Diese Anlageprodukte sind bei weitem nicht so sicher, wie es der Name
suggeriert. Der Käufer bekommt einen attraktiven Zins versprochen.
Dafür geht er die Verpflichtung ein – wenn eine bestimmte Kursschwelle
nach unten durchschritten wird –, den Nominalbetrag in einer
entsprechenden Aktienanzahl ausgezahlt zu bekommen
(Stillhaltergeschäft).
Viele ahnungslose und vermutlich risikoscheue Anleger stehen nun im
Regen. Bei Wirecard-Kursen von über 100 Euro erfreuten sie sich an den
lukrativen Zinsen und scherten sich nicht um die Kursschwankungen des
Papiers, solange der Kurspuffer noch üppig war.
Nach dem Kurssturz der Aktie dürften nun unzählige Anleger ungewollt
Wirecard-Aktien (Kurs aktuell: 2,44 Euro) zu Kursen zwischen 60 und 80
Euro zwangsweise im Depot haben. Die Hände reiben sich die
emittierenden Banken (darunter sogar Sparkassen!). Sie konnten so ihre
Bestände an Wirecard-Aktien bei ihren Kunden abladen.
Wieder einmal: Gefährliches Halbwissen kann großen Schaden anrichten.
Weder die „Berater“ in den Banken noch die schlecht informierten Kunden
wissen, wie diese strukturierten Produkte mit Optionskomponenten
überhaupt funktionieren. Seien Sie also in Zukunft achtsam und lassen
Sie sich nicht von „Bankverkäufern“ über den Tisch ziehen. Wer das
verstanden hat und verinnerlicht, kann (voraussehbare!) Verluste
vermeiden.
Was Sie in diesen Zeiten bitte wissen sollten:
Wie haben Ihre Vermögensverwalter, Ihre Fonds und Ihre Depots in diesem
Jahr abgeschnitten? Die Masse der Anleger und auch die angeblichen
Profis (Fondsmanager, Analysten, Charttechniker) liegen selten richtig,
und der letzteren Geschäfte sind oft mit Interessenkonflikten
durchsetzt. Das erlaubt weder eine objektive noch eine ausgewogene
Einschätzung. Fondsprofis müssen oft Aktien kaufen oder verkaufen.
Analysten sind selten objektiv oder weitsichtig.
Ihr Geldbrief ist dagegen unabhängig von Anzeigen, Fremdinteressen oder
anderen Einflussfaktoren. Das zahlt sich für Sie aus. Schon nach dem
ersten Halbjahr konnten wir die im ersten Quartal angefallenen Verluste
wieder ausbügeln und sind totaliter im Gewinn: +5.115,92 EUR. Der DAX
liegt immer noch mit rund 7 % im Minus.
Pessimistische Fondsmanager – steigende Aktienkurse. So war die
Situation an den Märkten in den vergangenen Monaten geprägt. „Kann man
die Einschätzung von Fondsmanagern eigentlich als Kontraindikator
interpretieren oder sollten Anleger der unendlichen Weisheit der Profis
folgen?“ Fragen dieser Art erhält die Geldbrief-Redaktion. Hintergrund
ist immer wieder das schwache Abschneiden vieler aktiv gemanagter Fonds
im Langzeittest.
Auch im ersten Halbjahr fiel das Resultat vieler Geldverwalter nicht
gerade berauschend aus. Trotz einer fast schon rekordverdächtig hohen
Anzahl pessimistisch gestimmter Fondsmanager mit einem Anteil von 78
Prozent erreichte der Nasdaq 100 Index im ersten Halbjahr eine neue
Bestmarke.
Wenig zuversichtlich zeigte sich die Mehrheit der Profis auch zu Beginn
des Jahres 2019. Ergebnis: Das abgelaufene Jahr war dabei eines der
ertragsreichsten der vergangenen 50 Jahre.
Auch was die Auswahl der Einzeltitel angeht, scheint die Mehrheit der
Vermögensverwalter offenbar kein glückliches Händchen zu haben.
Nachdem erstmals in der Börsengeschichte ein DAX-Mitglied in die Pleite
schlitterte, stellt sich die Frage, wieso fast alle namhaften Fonds wie
DWS, Jupiter oder Union Invest diesen Wert überhaupt im Depot hatten,
oft sogar übergewichtet. Antwort: Sie haben sich alle von den
Versprechungen und dem offensichtlich getürkten Zahlenwerk aufs
Glatteis führen lassen. Ihr Geldbrief nicht. Zu groß waren unsere
Bedenken, nachdem wir das Unternehmen bereits seit mehr als 10 Jahren
aufmerksam beobachten und sich Ungereimtheiten wie ein roter Faden
durch die Unternehmensgeschichte ziehen. Und: Die Leute haben uns nicht
gefallen…
Der Absturz der Wirecard-Aktie tangiert auch den Index Stoxx Europe 600
und den DAX. In Deutschland gibt es nun Diskussionen, ob die Aktie
eines insolventen Unternehmens im DAX vertreten sein kann.
Ja, das ist möglich. Nach dem aktuell gültigen Regelwerk der Deutschen
Börse wird die Wirecard-Aktie vermutlich erst im September aus dem
deutschen Leitindex entfernt.
Anders wird das Papier im Stoxx Europe 600 behandelt. Hier erfolgte der
Rauswurf bereits Anfang der vergangenen Woche. Dafür sind unter anderem
die MDAX-Aktien Cancom und Gerresheimer seit Ende Juni neu im Stoxx
Europe 600 vertreten. Aus der Schweiz ist nun die „Pharmaperle“ Idorsia
Mitglied in diesem europäischen Aktienindex. Dafür wurde die Aktie des
Reise-Detailhändlers Dufry herausgenommen. Dufry leidet unter dem
Einbruch des weltweiten Tourismus während der Corona-Pandemie. So wird
deutlich, wie gut wir mit dem Stoxx Europe 600 fahren. „Faule Äpfel“
werden – anders als beim DAX – schnellstmöglich durch Qualitätsaktien
ersetzt.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir einige Worte zu „China-Aktien“ sagen
In den Medien kursieren immer wieder Berichte zu Betrugsvorwürfen bei
speziellen China-Aktien. Auch Aktionäre der 2017 gegründeten Luckin
Coffee wurden jetzt das Opfer einer Betrugsmasche. Das vor kurzem noch
als Konkurrent der Kaffeehauskette Starbucks betitelte Unternehmen
wurde zu Bestzeiten an der US-Börse Nasdaq mit 12 Milliarden US-Dollar
bewertet. Jetzt haben sich die Anleger wieder mal mit einer
chinesischen Luftnummer die Finger verbrannt. Denn die Verkaufszahlen
könnten bis zu 50 % gefälscht sein. Die erst im Mai 2019 zu 17 USD
angebotenen Aktien sind so gut wie wertlos; die Notierung an der Nasdaq
wird eingestellt. Wer genau hingeschaut hat, hätte hellhörig werden
müssen.
Doppelt vorsichtig sollten Sie sein, wenn eine in Deutschland oder den
USA gehandelte China-Aktie an den Heimatbörsen Shanghai, Shenzen oder
Hongkong nicht gehandelt wird. Solche Unternehmen werden Sie in den Geldbrief-Echtgeld-Depots genau so wenig finden wie Wirecard etc.
Vorsicht geboten ist auch bei Kaufempfehlungen aus dem Internet und bei
speziellen Informationsdiensten, die sich ihre Empfehlungen bezahlen
lassen. Was es umsonst gibt, ist meist nicht viel wert. Investieren Sie
deshalb lieber ein paar Euro in einen soliden bankenunabhängigen
Informationsdienst wie den Geldbrief und vermeiden Sie dadurch teure Fehler bei der Geldanlage.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Geldbrief
Hans-Peter Holbach, Herausgeber
AUCH INTERESSANT:
Falls Sie glauben, Opfer zu sein bezüglich Wirecard-Anlage-Empfehlungen (siehe auch hier)
und Ihre Papiere fast nichts mehr wert sind, können Sie sich der
Sammelklage der Berliner Kanzlei Schirp & Partner anschließen, die
BaFin und DPR in Staatshaftung nehmen will. Zur Internetseite der Kanzlei
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