Robo-Advisor - der neueste Trick der Fonds-Industrie?
Es gibt keinen Fonds, der immer gut ist –
aber viele, die immer schlecht sind. Die Rede ist natürlich von sog.
aktiv verwalteten Fonds. Die „aktive“ Fondsszene und damit die
Finanzindustrie dürfte zwischenzeitlich, sofern ehrlich und zur
Selbstkritik fähig, längst erkannt haben, dass der Kampf gegen
Anlagestrategien mittels passiver Bausteine à la ETF eigentlich nicht
zu gewinnen ist. Getreu dem Motto: Wenn du einen Feind nicht besiegen
kannst, dann mach ihn dir zum Freund – so hat daher in der aktiven
Fondsszene teilweise ein Umdenken stattgefunden.
So nach dem Motto: OK, Ihr lieben aufgeklärten Privatanleger, Ihr habt
ja recht. Aktive Fonds sind meist schlecht und teuer. Als passive
Bausteine sind ETFs für jede Anlagestrategie unschlagbar. Aber, liebe
Privatanleger: Am Ende braucht Ihr dann doch wieder uns, weil Ihr nicht
wisst, wie man mit ETFs richtig umgeht. Welche ETFs man kauft, wann und
wie, und wann man richtig und rechtzeitig umschichtet usw. Dafür
braucht Ihr uns „Profis“.
Gelockt wird dann mit einem neuen Anlageprodukt, das sich „managed
accounts“ oder ähnlich nennt. Versprochenes Ziel: aktiv, aber
regelbasiert vermögensverwaltende Strategien umzusetzen.
Und schwupps ist der ahnungslose Privatanleger quasi durch die
Hintertür wieder in den Fängen der kostenintensiven aktiven
Fondsindustrie.
Um es kurz zu machen: Solche „managed accounts“ sind keine gute Idee.
Zu teuer und vermutlich kontraproduktiv, weil der Verwalter solcher
„managed accounts“ ja ständig unter Erfolgsdruck steht, z.B. wenn die
Märkte fallen oder dies zu befürchten ist.
Da will/muss er dann sein vorgeblich besseres Händchen („Timing“) unter
Beweis stellen. Und das geht selten gut. Die Idee passiver
Anlagestrategie (langfristig, diszipliniert und kontinuierlich anlegen)
bleibt dabei zwangsläufig auf der Strecke. Fazit: Außer Spesen nichts
gewesen.
Schon eher sinnvoll könnten sog. Robo-Advisor sein:
Robo-Advisor
bieten eine automatisierte Vermögensverwaltung an – und zwar auf Basis
kostengünstiger ETF-Produkte. Und das alles – anders als bei Banken –
völlig interessenunabhängig, so jedenfalls das Versprechen.
Die Kosten reduzieren sich auf durchschnittlich ca. 0,8 % p.a. (inkl.
Transaktionskosten und Depotverwaltung). Hinzu kommen noch die Kosten
der jeweiligen ETF-Produkte, im Schnitt ca. 0,3 % p.a.
Die Idee ist, dass zunächst die Risikofähigkeit anhand eines zuvor
gestellten Fragenkatalogs ermittelt wird und Kunden dann in bis zu 20
verschiedene Risikokategorien eingeteilt werden. Den Rest macht der
Computer, der das Geld der Kunden mittels programmierter
Software-Algorithmen in die hierzu passenden ETFs weltweit anlegt. So
die Theorie.
Ob sog. Robo-Advisor tatsächlich die Geldanlage revolutionieren, wird vermutlich erst die Zukunft zeigen.
Kann wirklich die Risikotragfähigkeit eines Kunden sinnvoll ermittelt und umgesetzt werden?
Wie soll nachhaltig Rendite erwirtschaftet werden, wenn vornehmlich ohne nennenswertes Risiko angelegt werden soll?
Ist nicht gerade auch hier fehlerhaftes zyklisches Anlageverhalten bereits automatisch vorprogrammiert?
Letztlich kann und wird dieses nur die Zukunft zeigen, wenn belastbare
Zahlen über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren (besser: zehn
Jahren) inklusive möglichst „stürmischen“ Zeiten vorliegen. Und auch
dann verbleibt die Frage, ob und welche Rückschlüsse hieraus auf die
nachhaltige Qualität der jeweiligen Robo-Advisor-Programme gezogen
werden können.
Sagen wir mal so: Es spricht einiges dafür, dass Robo-Advisor-Programme
systemimmanent bessere Ergebnisse abliefern als Riester- und
Rürup-Renten, klassische Lebens- oder Rentenversicherungen und
Bausparprogramme, interessenkonflikt-basierte Bankberatung inklusive.
Wir werden dieses nicht uninteressante Anlagesegment jedenfalls im Auge
behalten – und Ihnen im Geldbrief berichten. © jur. Muc 2017
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