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Wenn sich das Finanzamt zu Ihren Gunsten irrt

Was würden Sie tun, wenn von Ihrem Finanzamt einen Steuerbescheid bekommen, in dem sich der Fiskus zu Ihren Gunsten geirrt hat? Vielleicht sogar um eine Million Euro, wie das schon geschehen ist! Melden? Schweigen? Beten, dass es nicht bemerkt wird? Lesen Sie die interessante wahre Geschichte und das erstaunliche Urteil des Bundesfinanzhofes:

Ein Arzt machte ordnungsgemäß für das Jahr 1999 seine Steuererklärung und wies einen Gewinn von umgerechnet 500.000 Euro aus. Doch Finanzbeamte sind auch nur Menschen, die Fehler machen können, in diesem Fall einen Vorzeichenfehler: aus 500.000 € Gewinn wurden 500.000 € Verlust. Der Arzt konnte es erst kaum fassen, aber da auch die Vorauszahlungen auf Null gesetzt wurden, musste er es wohl glauben. Allerdings rief oder schrieb er sein Finanzamt nicht an, sondern verhielt sich mucksmäuschenstill. Erst als im Jahre 2004 eine Betriebsprüfung anstand, wies er die Prüfer auf den Fehler des Kollegen hin.

Dass falsche Steuerbescheide erlassen werden, kommt vergleichsweise häufig vor. Manchmal auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen. Hierzu muss man wissen, dass der Steuerzahler NICHT verpflichtet ist, sein Finanzamt auf den Fehler hinzuweisen. Die fehlende Meldung darf nach geltender Rechtsprechung auch nicht als Steuerhinterziehung ausgelegt werden. Dies ist eine interessante Information, von der die wenigsten Steuerpflichtigen wissen, und falls Sie einmal in diese Situation kommen sollten, können Sie sich mit ruhigem Gewissen ruhig verhalten. Vielleicht haben Sie sogar Glück und der Steuerbescheid verjährt; dann haben Sie die Steuern dauerhaft gespart.

Entdeckt der Fiskus aber seinen Fehler, wie z.B. bei einer Betriebsprüfung, wird der falsche Steuerbescheid vom Finanzamt einfach berichtigt, die fälligen Steuern müssen nachgezahlt werden und der Fall ist vergessen.

Doch bei unserem Arzt hatte die Sache noch ein mehrere Jahre dauerndes gerichtliches Nachspiel. Der Mediziner wollte die Steuern nicht zu seinem persönlichen Spitzensteuersatz von damals 53% nachzahlen, sondern nur zu 25%. Dazu muss man wissen, dass im Jahre 2004 eine Steueramnestie möglich war, wodurch hinterzogene Steuern pauschal mit nur 25% versteuert werden mussten. Der Trick des Arztes war also, eine strafbefreiende Selbstanzeige zu erstatten, um in den Genuss des günstigen Steuersatzes zu kommen und dadurch statt 265.000 € nur noch 125.000 € nachzahlen zu müssen.


Sein Finanzamt sah das anders und so kam der Fall vor Gericht. Nicht nur das Finanzgericht Sachsen-Anhalt lehnte den Trick ab, sondern schließlich auch der Bundesfinanzhof (Aktenzeichen: VIII B 41/10)
. Da die Steuererklärung richtig erstellt wurde, lag keine Steuerhinterziehung vor. Und auch das Verschweigen eines fehlerhaften Steuerbescheides ist keine Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung.
Die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen endet mit der Abgabe der vollständigen und korrekten Steuererklärung. Das haben wir nun höchstrichterlich bestätigt.

Übrigens:
Auch wenn der Fehler wie hier beim Finanzamt lag, lässt es sich doch die entgangene Steuer nicht nur nachzahlen (falls die Forderung noch nicht verjährt ist), sondern auch noch mit monatlich 0,5% verzinsen (= 6% p.a.). Wer das Geld bis zur Nachzahlung klug anlegt, kann aber daraus sogar noch Gewinn ziehen (der allerdings auch wieder zu versteuern ist).

Die englische Zeitung Daily Mail, berichtete von einer Studie, wonach Frauen ein anvertrautes Geheimnis im Durchschnitt nur 32 Minuten lang für sich behalten können, dann überkommt sie die Lust am Tratsch. Ganz anders dagegen ein Steuerzahler aus dem Saarland, der 8 Jahre lang seinen Mund halten konnte. Dann kam ihm das Finanzamt drauf, dass es ihm statt 400 Euro irrtümlich 85.000 Euro Lohnsteuer-Rückerstattung überwiesen hatte. Laut Bundesfinanzhof in München darf er das Geld aber dennoch behalten, denn der Fiskus hatte versäumt, das Geld fristgerecht zurückzufordern. Das Schweigen des Mannes führte zur erfolgreichen Verjährung! Ist was dran an dem alten Sprichwort...

Wann verjährt die Steuerforderung?
Vier Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wurde.  Praktisches Beispiel: Steuererklärung wurde im Jahre 2010 angegeben. Vom Ende des Jahres, also dem 31.12.10 ausgehend hat das Finanzamt bis zum 31.12.2014 die Chance, den Fehler noch zu entdecken und Steuern inkl. Zinsen nachzufordern. Danach darf der Steuerzahler das Geld ganz einfach behalten.


ACHTUNG!
Wer das Glück hatte, einen falschen Steuerbescheid zu seinen Gunsten bekommen zu haben, sollte damit zufrieden sein und nicht noch gieriger werden, rät der Steuer-Schutzbrief. Das heißt, es kann nur dringend davon abgeraten werden, den angeblichen Verlust des Vorjahres nicht mit dem Gewinn des Folgejahres zu verrechnen. Nicht nur besteht dann nämlich die Gefahr, dass der Fehler frühzeitig entdeckt wird, sondern nun würde man sich auch der Steuerhinterziehung strafbar machen!!





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© Copyright: Roland Benn / BIG BENN BOOKS

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