Die Europäische Pfändungsverordnung
Ein Beispiel für deutsche Gründlichkeit und gleichzeitig eine
Spezialität, die es nur im Land der Michels gibt, ist der so genannte
Kontenabruf.
Unter Kontenabruf versteht man die Einsicht staatlicher Stellen in die
Kontostammdaten aller Kunden, die irgendein Bankkonto oder
Wertpapierdepot bei einem in Deutschland tätigen Finanzinstitut
unterhalten.
Seit 1. April 2003 sind alle diese Institute gesetzlich verpflichtet,
die Kontostammdaten an die BaFin, die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht, zu melden.
Bei Verdacht auf eine Straftat, z.B. Steuerhinterziehung oder Sozialbetrug, greift die
Behörde auf diese Daten zu und versorgt auch andere Behörden mit
entsprechenden Auskünften.
Aber es ist nicht unbedingt ein Verdacht notwendig: Finanzämter können
über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) jederzeit Kontendaten
abrufen, wenn der Sachbearbeiter dies für das Besteuerungsverfahren
notwendig hält. Der Steuerpflichtige muss nicht informiert werden...
Übrigens erteilt das Bundesamt für Finanzaufsicht (BaFin) auch anderen
Ämtern in vielen weiteren Fällen Auskünfte wie beispielsweise bei
Ausbildungsförderung, Erziehungsgeld, Sozialhilfe, Sozialversicherung,
Unterhaltssicherung, Wohngeld, Wohnraumförderung usw.
Darüber hinaus ruft die BaFin nicht nur für Steuerfahndungsstellen
Daten ab, sondern auch für Gerichte, Polizeibehörden,
Staatsanwaltschaften, Zollbehörden usw.
Wurden im Jahr 2004 knapp 10.000 Anfragen bearbeitet, so waren es in
2011 schon fast 100.000 und in 2016 sogar 358.228. Tendenz: weiter
steigend bzw. weiter explodierend: 2018: 796.600, 2019 wurde die
Millionenmarke geknackt, aber die Konternabrufe nehmen immer noch
zu. Gerichtsvollzieher machen
am häufigsten davon Gebrauch, gefolgt von Finanzbehörden und
Sozialämtern.
Das Kontenabrufverfahren hat sich bisher als recht effizient erwiesen,
denn in rund 45 Prozent aller Verdachtsfälle führte dies zur Aufdeckung
bislang verschwiegener Kapitaleinkünfte. Soweit die Leseprobe aus Geld im Ausland, Band 1 (So spürt der Fiskus Konten auf).
Viele Bundesbürger eröffnen deswegen Konten im Ausland, um ihre
Privatsphäre und Geldsicherheit wieder zu erhöhen. Doch seit 18.01.2017
droht auch im EU-Ausland Ungemach durch die so genannte Europäische
Pfändungsverordnung. Sie erschwert es speziell Schuldnern, Geld vor
Gläubigern auf EU-Auslandskonten zu verstecken (die einzige Ausnahme ist derzeit Dänemark).
War es für Gläubiger früher umständlich, teuer und oft unmöglich, an im
Ausland geparktes Geld zu kommen, so erlaubt es ihnen nun die
Europäische Pfändungsverordnung, mittels eines Formblatt-Downloads
schnell, unbürokratisch und preiswert an das Geld ihrer Schuldner
heranzukommen.
Dabei ist es nicht einmal notwendig, dass der Gläubiger die genaue Kontonummer kennt. Der Name der Bank genügt schon. Falls auch der nicht bekannt ist, kann er per Beschluss festgestellt werden.
Ganz übel: Der Kontoinhaber erfährt 30 Tage lang nichts von seiner
Kontopfändung (damit er Zahlungseingänge nicht an der Quelle
blockieren kann).
Die o.g. Europäische Pfändungsverordnung gilt nur in der Europäischen
Union, mit Ausnahme von Dänemark und dem Vereinigten Königreich
(Großbritannien), das aber inzwischen sowieso nicht mehr EU-Mitglied ist.
Konten in Nicht-EU-Ländern bleiben davon unberührt.
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