Wie Sie sich selbst ins rechte Licht rücken
Was tun Bessergestellte und Reiche, wenn sie merken, daß es höchste
Zeit ist, ihr Bild in der Öffentlichkeit in ein besseres Licht zu
rücken? Ganz klar, sie verkünden, daß sie jetzt oder bald oder in den
folgenden Jahren Teile ihres Vermögens an die Allgemeinheit zu deren
Wohl verteilen werden. Stiften halt. Damit kann man Olaf Scholz
zusätzlich kräftig ärgern, denn ihm fehlt dann das schöne Geld für
seine schwarze Null. Aber er kann damit schon leben, spart doch der
Staat wiederum an sozialen Leistungen.
Dumm nur, daß Sie keine Susanne Klatten sind und wenn Sie verkünden
würden, Sie wollten in den nächsten fünf Jahren 100 Millionen Ihres
Vermögens spenden, dann sind Sie höchstens die Lachnummer Ihrer
Bekannten. Jeder weiß doch, daß Sie Knicker sich nur unter Tränen von
100 Euro trennen können, weil es für mehr sowieso nicht reicht. Einen
Bill Gates oder Warren Buffett nimmt man Ihnen auch nicht ab. Dann
heißt es nur, das bißchen Vermögen, daß er/sie hinterläßt, hätte er/sie
auch versaufen können. Außerdem, auf das Ableben von jedem, der
wirklich richtig was zu vererben hat, - und das sollen nicht wenige
hierzulande sein - warten schon sehnsüchtig die Erben. Von den
Erbschleichern nicht zu reden. Und ohweh, ohweh, wer wird schon
unnötigerweise die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, daß bei ihm
etwas zu holen ist?
Aber kann man auch mit kleichen Sachen andern Leuten Freude machen? Man
kann. Nehmen wir dazu mal eine Aussage von Verona Pooth, die
Kik-Designerin, die ja bekanntlich nicht auf den Kopf gefallen ist.
Wenn sie also wiedermal eine dicke Lippe riskieren will, kann sie diese
selbstverständlich aufspritzen lassen. Schon ist sie in der Zeitung.
Oder sie verkündet eine ihrer Weisheiten wie diese: "Ich habe in meinem
Leben noch nie eine eMail geschrieben und lese auch keine. Wer mir
Dokumente senden will, der muß die abfotografieren und via WhatsApp
senden. Dann ziehe ich mir die zum Lesen groß. So bekomme ich nur
persönliche Nachrichten."
Wieso zitiere ich hier ausgerechnet Verona? Sollen Sie etwa in Zukunft
nur noch Uninteressantes von unterinteressanten Leuten lesen? Nein,
aber Sie sollen sich fragen, wat geht da ab, eben WhatsApp. Fällt der
Cent? Nutzen Sie zukünftig alle sogenannten "sozialen Netzwerke" wie
Facebook, Instagram, Twitter, WhatsApp oder YouTube. Fotografieren Sie
etwas, senden Sie es an Ihren Bekanntenkreis oder laden es hoch. Aber
was? Eine Urkunde natürlich. Doch nicht die für's Seepferdchen. Was Sie
hochladen oder versenden sollen, ist eine Urkunde, die Ihr soziales
Engagement zeigt. Aber das kann doch teuer werden! Muß es aber nicht.
Schauen Sie sich mal meine Vorschläge dazu an.
Wenn sie älter werden, sind sie nicht mehr so putzig, wie es einst
Knut, der Deutschen Lieblings-Eisbärchen war. Es geht auch nicht um
Bären im Zoo sondern in der Arktis und denen schmilzt ihr Lebensraum
buchstäblich unter dem Ar..., äh Pfoten weg. Der WWF setzt sich mit
seinen Programmen für das Überleben dieser Tiere - auch anderer - ein.
Auch Sie können helfen, spenden und eine schöne Urkunde für Ihre Hilfe
erhalten. Einwählen unter www.wwf.de.
Leute, pflanzt Bäume, die Luft geht euch sonst aus. Der gemeinnützige
Verein Prima Klima will für selbiges in Deutschland und Nicaragua
sorgen und freut sich deshalb über jedes gespendete Bäumchen ab 3 Euro
aufwärts. Die schöne Urkunde gibt's dazu: www.baeume-verschenken.de.
Dem Regenwald geht's schon seit Jahren, wenn nicht an den Kragen so
doch an die Wurzeln seiner Bäume, die vielen schönen Sojaplantagen
weichen müssen, damit alle unsere Rind-Viecher was zum Wiederkäuen
haben und wir viele schöne Buletten in uns reinstopfen können. Hier
können Sie Ihre Hilfe beurkunden lassen. Für den Regenwald in Peru: www.regenwald.org/spende. Für den Regenwald allgemein: www.wwf.de/spenden-helfen. Oder Sie geben gleich den Regenwald-Paten: www.wilderness-international.org.
Doch warum in die Ferne schweifen? Auch die Natur hierzulande ruft nach
Hilfe und die kommt von BUND und NABU. Vogelschutz ist gefragt, der
Schutz der Meere sowieso, Wildkatzen und die schönen Alleen müssen
erhalten werden (Sie wissen schon: ein Baum gleich ein Autounfall).
Auch Wölfe müssen wieder heimisch werden, damit die bayerischen
Rotkäppchen was zu zittern haben. Es ist halt so schön anzusehen, kaum
daß in Bavaria irgendwo ein solches reißendes Untier gesehen wird,
schon traut sich kein Bayer mehr aus den Haus. Dabei wurde selbst
Problembär Bruno überlebt. Urkunden gibt es hier www.bund.net/spenden oder www.nabu.de/spenden-und-mitmachen.
Und jetzt kommt das, womit Sie sich profilieren können. Diese Urkunden
sollten Sie selbstvertändlich rahmen und an die Wand hängen. Bei sich
zu Hause, wenn Sie oft Besuch haben. Im Büro, wenn Sie selbständig sind
oder Freiberufler. Oder Sie fotografieren die Urkunden und versenden
Sie an alle Bekannten per WhatsApp. Und natürlich, ganz wichtig und für
alle sichtbar bei Facebook, Google+ und was es sonst noch an sozialen
Netzwerken gibt. Und immer schön liken lassen.
Mit einer Urkunde können Sie sich und Ihre Lieben wunderbar ins rechte
Licht rücken. Denken Sie nur einmal an folgende Urkunden, die schön gerahmt
in Ihrer Wohnung hängen oder über Facebook einsehbar sind: Bei all
diesen Nachweisen Ihrer Wichtigkeit sollten Sie jedoch das
Augenzwinkern nicht vergessen, es sei denn, Sie wollen sich als
legitimer Nachfolger von Felix Krull darstellen. Hoffentlich wissen Sie
wenigstens, wer das war. Ansonsten schlag' nach bei Thomas Mann (Hä -
und was ist das?)
+ + + Einen Stern, der Ihren Namen trägt
+ + + Ihr Grundstück auf dem Mond oder dem Mars
+ + + Ihre "Besitzung" in Schottland und Sie als schottischer Laird
+ + + Ihre Reservierung für eine Reise zum Mond
+ + + Ihre
Aufnahme auf einer CD, mit der das letzte Space Shuttle zur ISS
geflogen ist.
Stellen Sie sich einmal vor, in einigen hundert Jahren entdecken
Außerirdische die Reste der ISS und finden die CD und lesen Ihren
Namen, und der Anführer der Gruppe sagt bewundernd: "Wow, hab' ich mir
doch gedacht, dass der auch hier heroben war." So können Sie in die
Geschichte des Universums eingehen.
Durchstöbern Sie einmal das Internet mit Hilfe von Google und finden
Sie Nachweise, mit der Sie für die Nachwelt interessant sind. Sie
können auf dieser Webseite auch unter dem Menüpunkt "Hat nicht jeder" nachsehen, was Sie von der Allgemeinheit abheben kann.
Wenn Sie Kunde bei Amazon sind und sich über die Versandkosten ärgern,
gibt es eine tolle Lösung. Amazon verzichtet auf die drei Euro, wenn
Sie zusätzlich ein Buch kaufen. Das muß ja nicht gerade die neueste
Verschwörungstheorie in Buchform sein. Viel besser, Sie erwerben ein
Büchlein aus der Reihe "Penguin Little Black Classics". Diese Büchlein
kosten 1,40 Euro und beinhalten Werke von Charles Dickens, Arthur Conan
Doyle und Oscar Wilde. So sparen Sie pro Lieferung 1,60 Euro und wenn
Sie die Büchlein strategisch geschickt in der Wohnung plazieren, können
Sie nachweisen (oder vorschützen), daß Sie in der englischen Sprache
und Literatur bewandert sind und nicht nur das Deppen-Englisch der
Wichtigtuer absondern.
Auch Replikate können viel hermachen, besonders dann, wenn Sie diese
für nen Appel und nen Ei erwerben können, zum Beispiel über den Atlas-Verlag
eine alte Taschenuhr, eine Pilotenuhr der deutschen Luftwaffe oder ein
Kunstwerk. Auch täuschend echte Repliken von Gemälden machen sich immer
gut im Wohnzimmer. Allerdings bei einem Van Gogh oder Renoir sollten
Sie vorsichtig sein, wenn Sie behaupten, dieses wäre das Original.
Nicht, daß es am Ende das Finanzamt ist, das dies glaubt.
Aber vielleicht finden Sie einmal in Ihrem Garten ein Insekt, das noch
niemand vor Ihnen gesehen hat und das die Wissenschaft daraufhin nach
Ihnen benennt. Ihre Witwe wird dann vielleicht irgendwann gefragt,
wieso ein Käfer genauso heißt wie sie und sie antwortet stolz: "Ja, ja,
mein Mann und der Mistkäfer - ein unschlagbares Duo."
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