Oder doch eher: Fremdbestimmt – klar, ich
bin dabei!
1. Umerziehung durch Sprache
oder wie wir Werte und
Geschichte verlieren
Im August des Jahres 2013
hatten die
Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache e.V. den Duden, das Wörterbuch
der
deutschen Sprache, wohlverdientermaßen zum Sprachpanscher des Jahres
2013
gekürt. Die Begründung: Wie kaum eine andere Organisation trägt der
Duden seit
Jahren dazu bei, dass sich deutschsprachige Dummschwätzer und
Sprachverhunzer
aller Art im Glanze einer quasi amtlichen Zustimmung sonnen dürfen.
Anders als
sein französisches Gegenstück, der Dictionnaire de Francais, der
Anglizismen
nur dann aufnimmt, wenn sie unentbehrlich sind, ist der Duden damit das
Einfallstor für überflüssiges sprachliches Imponiergehabe aller Art.
Wohlgemerkt: Ich persönlich
habe
überhaupt nichts dagegen, wenn jeder zumindest ein einfaches Englisch spricht, um
sich überall auf der Welt verständigen zu können. Aber ich habe sehr
viel
dagegen, wenn Deutsche ihre eigene Denkweise über Bord werfen und mit
jedem
zweiten Wort ihre Internationalität kundtun wollen. Es mag ja lustig
klingen,
wenn auch der Dorfdepp geschwollen BSE-Laute von sich gibt (BSE = Bad
Simple
English), nur intelligenter wird es dadurch nicht.
Ich scherze dann immer so:
Ich hatte
mal vor, mich fürs höhere Management zu bewerben und wollte Facility
Manager
werden. Als man mir dann jedoch einen Reisigbesen in die Hand drückte,
verdrückte ich mich gleich. Ich – als Hausmeister? So lernte ich leider
meine
Kollegen nicht kennen, den Vision Clearance Engineer (Fensterputzer),
den Clean
Operator (Reinraumreiniger), auch die Environment Improvement
Technician
(Putzfrau) und ebenfalls die Feelgood Managerin (Sekretärin) versäumte
ich auf
diese Weise. Witz? Von wegen! Der Stellenteil deutscher Zeitungen kennt
noch
viel schönere solcher Blüten.
Oder die Gastronomie:
Kürzlich sah ich
ein Werbeplakat eines Lokals an der Uferpromenade des Würmsees mit der
Firmierung „Strandhouse Starnberg“. Übersetzen wir das mal, dann heißt
es
nämlich „Fadenhaus Starnberg“ und ist im Grunde gar nicht mal so
unlogisch.
Schließlich kriegen sich rauflustige Bayern sehr schnell in die Wolle.
Mittlerweile sind englische
Medien wie
"BBC" oder der "Guardian" empört und irritiert über die
angeblich englische, tatsächlich aber deutsche Wort"schöpfung"
"Shitstorm". Vielleicht besteht jedoch einmal die Aussicht auf ein
englisches Gesetz, das durchgeknallten deutschen Wichtigtuern die
Versaubeutelung der englischen Sprache verbietet. Das wäre in der Tat
die
letzte Rettung.
Aber warum verschwinden
Begriffe wie
„Neger“ oder „Zigeuner“ aus unserer Sprache und werden aus
Kinderbüchern
getilgt? Seien wir ehrlich: Weil wir zu feige geworden sind, unserem
Nachwuchs
zu erklären, wie wir diese Menschen früher behandelt haben. Nur den
Zigeuner immer
durch den Sinti oder Roma zu ersetzen, werden wir uns reichlich schwer
tun,
wenn wir alle Operetten- und Opern-Libretti ändern wollen, wie beim
„Zigeunerbaron“ oder der beliebten „Carmen“, wo die Liebe doch
bekanntlich vom
Zigeuner stammt. Und Sintischnitzel mit Romasauce - Prost Mahlzeit!
War auch reichlich blöde,
den guten
alten „Negerkuss“ durch den „Schaumkuss“ zu ersetzen. Küssen Sie etwa
mit
Schaum vorm Mund?
2. Wenn Käufer an sich
selbst
verkaufen
Unsere Denglisch-Verdummung
führt
direkt dazu, dass wir uns in der Servicewüste unserer Verkaufsstellen
freiwillig zu unbezahlten, aber schon unbezahlbaren Helfern degradieren
lassen
– und uns dann noch fühlen wie Bolle, wenn wir als Tanzbär an der Nase
vorgeführt werden. Das Schlagwort dazu, klar aus dem Amerikanischen,
woher denn
sonst: Inbound Marketing. Also eingebunden in den Verkaufsprozess
schreiben wir
den Onlinehändlern freundliche Bewertungen über ihre Produkte, loben
diese noch
durch eigene Texte (Testimonials), wiegen in Geschäften unsere Einkäufe
ab,
scannen alles brav für die Rechnung ein – und haben überhaupt keinen
Vorteil
davon. So kaufen wir „selbstbestimmt“ ein, lachhaft, wir werden
fremdbestimmte
Handlanger.
3. Wie wir uns darum
reißen, überwacht
zu werden
Das waren noch Zeiten, als
wir uns vor
Büchern und Filmen wie „1984“ oder „Fahrenheit 451“ gruselten. Dabei
braucht es
doch überhaupt keine diktatorischen Gewaltherrscher mehr, um uns zu
überwachen.
Wir liefern schließlich jederzeit und freudig alle Instrumente dazu.
Warum
müssen wir denn ständig in Fußgängerzonen der Städte kreuz und quer
laufen,
damit wir nicht mit anderen Fußgängern zusammenstoßen? Weil die, genau
wie wir,
nicht mehr auf den Weg schauen, sondern auf ein Kästchen in der Hand,
ihrem
„Fremdbestimmer“, ihrem „Überwacher“.
Das ging schon mit den
ersten
Mobiltelefonen los. Ein eingeschaltetes Mobiltelefon meldet sich bei
einem
Sender an und wenn es den Radius des Senders verlässt, meldet es sich
dort
wieder ab und daraufhin beim nächsten Sender an. Dadurch ist der Nutzer
des
Gerätes jederzeit zu orten. Weil das noch nicht genau genug war,
verfügt das
Smartphone über GPS - die paar Meter Differenz zu unserem Standort
bekommt man
auch noch fort.
Auch Sie sind ein echter
Fernsehstar.
Glauben Sie nicht? Dann schauen Sie sich einmal um. Überall auf
größeren
Plätzen, an Bahnhöfen, in Schalterhallen von Banken, im Eingang von
Bürogebäuden oder Wohnanlagen werden Sie Kameras entdecken, mit denen
Sie
kontrolliert werden. Haben Sie schon Ihren Mitgliedsbeitrag bei al
Qaida
bezahlt? Ach - Sie sind gar kein Terrorist, aber im TV machen Sie sich
recht
gut? Dann lächeln, lächeln und nicht vergessen, im TV immer schön in
die Kamera
winken.
Und jetzt nehmen wir mal
folgendes
Szenarium. Sie verlassen in der Frühe Ihre Wohnung mit eingeschaltetem
Mobiltelefon, besser noch einem Smartphone und gehen einkaufen. Überall
wo Sie
kaufen, zahlen Sie mit der Girocard oder "im Vorbeigehen" an der
Kasse mit dem Smartphone. Wenn Sie abends wieder heimkommen, haben Sie
einen
lückenlosen Tagesablauf hinterlassen, denn man kann – oder könnte –
nachweisen,
wo Sie gingen, wo Sie einkauften, was Sie einkauften, wie viel Sie
dafür
zahlten und ist nun in der Lage, Ihnen spezielle Apps auf Ihre
Eifönchen zu
zaubern, denn alle Ihre Gewohnheiten und Vorlieben liefern Sie
freiwillig und
frei Haus Ihrem Fremdbestimmer.
Die Heinzelmännchen des
großen Bruders
Barack Obama im NSA-Bunker sind in der Lage, alle Daten Ihres
Smartphones
auszulesen, mittels stummer SMS Ihren Standort metergenau zu bestimmen,
sie
kennen Ihre Bankkonten und wissen, wie viel Geld
Sie
dort bunkern. Und was Sie wie und wo verstecken, das wissen diese
Herrschaften
auch längst. Kein Wunder bei 500 Mio. digitalen Abfragen monatlich
allein bei
deutschen Bundesbürgern.
Was Sie dagegen tun können?
Smartphone
oder Mobiltelefon (Prepaid) nur
einschalten, wenn
es wirklich gebraucht wird, ansonsten das eigene Hirn benutzen.
Einkäufe, große
ausgenommen, nur per Bargeld zahlen, denn nur Bares ist Wahres.
Online-Banking
lediglich bei ganz normaler Kontoführung, also jeden Monat (fast) die
gleichen
Kontobewegungen. Und – was sowieso besser ist – Kommunikation und
Konversation
von Person
zu Person und nicht von Handy zu Handy.
Und vor allem nicht bei
jeder neuen
Technik, jedem neuen Kinkerlitzchen, der erste sein, der es besitzt.
Besonders
wichtig: Immer zuerst das eigene Hirn einschalten und bei allem Neuen
denken:
Cui bono – wem nützt das? Ihnen – mag sein. Demjenigen, der Ihnen
wieder etwas
andrehen oder unterjubeln will, bestimmt. Dann können Sie getrost
sagen: Fremdbestimmt
– nein danke! Mit ganz vielen Ausrufezeichen dahinter.
Anmerkung: Junge Menschen
nutzen
Smartphones durchschnittlich dreieinhalb Stunden pro Tag. Das ist das
Ergebnis
einer Umfrage der Akademie der media und der Agentur Mindshare
Marketing.
Demnach prüfen zwei Drittel der 18- bis 25-Jährigen alle 10 Minuten, ob
eine
Nachricht eingegangen ist, und jeder Fünfte mache dies sogar 15 Mal und
mehr
pro Stunde. Muss ja ganz umfassend informiert sein, unser Nachwuchs.
Nur mit
der Fähigkeit, diesen Informationssturm (Shitstorm?) richtig
einzuordnen,
scheint es ganz gewaltig zu hapern.
Dieser Text steht unter Creative
Commons Lizenz, kann zu nichtkommerziellen Zwecken unverändert, in
jeglicher Form, unbeschränkt weiterverbreitet
werden. Einzige
Einschränkung: Das Original-Urheberrecht www.der-clevere-Lebenskuenstler.de muss
immer angegeben werden.
Nachtrag und persönliche Meinung des
Herausgebers:
Diese sog. policical correctness ist einfach unverständlich und schießt
weit über das Ziel hinaus. Noch ein paar eklatante Beispiele:
Jahresendfeier - früher: Weihnachtsfeier
Lichterfest - früher: St.-Martins-Umzug
Gewichtsbenachteiligte - früher: Dicke
verhaltensoriginell - früher: verhaltensgestört.
Vielleicht sollen wir auch eines Tages nicht mehr "Autobahn" sagen,
sondern Expressway oder sonst was, denn diesen Begriff haben doch die
Nazis geprägt...