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Generation Ausgebrannt: Gehören Sie dazu?

Generation Ausgebrannt: Gehören Sie dazu? Oder sind Sie wieder bloß zu spät? Dann geben Sie mal mehr Gas in Ihrem Hamsterrad, damit Sie den Anschluss nicht verlieren. Und wie war das doch gleich bei Ihrem letzten Ratten-Rennen? Wieder bloß einen der hinteren Plätze belegt? Sie üben wohl auf Loser?

Eigentlich wollte ich hier mit Ihnen über Entschleunigung reden. Aber wie ich sehe, haben Sie gerade keine Zeit. Vielleicht später? Auch nicht, Sie müssen noch eMails checken. Na dann, ist wahrscheinlich besser so. Sie fallen sonst aus der Rolle und das könnte Ihre Umwelt verstören. Dann schreibe ich trotzdem meinen Text und hoffe, dass ihn irgendjemand liest.

Befassen wir uns deshalb zuerst einmal mit dem Gegenteil, der Beschleunigung. Beschleunigung bestimmt unser Leben. Zuhause, am Arbeitsplatz, beim Arzt und im Urlaub. Die Folgen lassen sich inzwischen statistisch ablesen: Eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag förderte zutage, dass 2012 in Deutschland 61,5 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage anfielen, die auf psychische Probleme und Verhaltensstörungen zurückzuführen waren. Noch im Jahre 2001 lag diese Zahl nur halb so hoch. Nach Auskunft des Arbeitsministeriums gehören Gesundheitsberufe, Ingenieure, Fertigungs- und Bauberufe zu den besonders betroffenen. (Anmerkung Roland Benn: im Jahr 2023 waren es gar 132 Millionen Tage! Auskunft ebenfalls vom Bundesarbeitsministerium)

Doch auch der Nachwuchs leidet schon, denn die Erwartungen an ihn sind riesig. Lesen, schreiben und rechnen soll das Kind können – allerdings bereits vor der Einschulung. Am besten wäre es jedoch, wenn bereits in der Kita Mathematik, Englisch, Latein und Französisch geübt würde, ansonsten macht sich bei Mama und Papa Verzweiflung breit. Nachhilfestunden müssen sofort her und schon rotieren Klein-Maximilian und -Anna-Lena täglich mit steigender Umdrehungszahl.

Aber was versteht man eigentlich unter Beschleunigung? Drei Arten kennen Soziologen: die technische, die Beschleunigung des sozialen Wandels sowie die des Lebenstempos. Die technische Beschleunigung begann mit der Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert und steigerte sich mit der fortschreitenden maschinellen Produktion. Sinnbildlich für diese industrielle Revolution steht in Deutschland die Eisenbahn. Als der „Adler“ im Jahre 1835 in nur neun Minuten mit 30 km/h von Nürnberg nach Fürth „raste“, was einer Sensation glich und die Menschen befürchten ließ, wahnsinnig werden zu müssen.

Jetzt hat uns die Digitalisierung voll am Wickel. Erfindungen wie Computer und Internet sollten die Dinge leichter machen und Arbeitszeit sparen. Wir wollten mehr Freizeit, doch erreicht wurde das Gegenteil. Denn unsere Freizeit frisst ein kleines Kätzchen, das uns nicht mehr von der Leine lässt und uns nach Strich und Faden veräpplet. Damit in den Fußgängerzonen der Städte wenigstens noch einige wenige Straßenlaternen stehen bleiben, gibt es eine App, die den Nutzer warnt, wenn er mit einer solchen zu kollidieren droht, was ohne dieses „nützliche“ Hilfsmittel der Normalzustand wäre.

Kommen wir zur dritten Ebene der Beschleunigung, die des sozialen Wandels. So ist nach der stressigen Arbeit noch lange nicht Schluss, denn zuhause wartet die nicht weniger fordernde Familie, durch die wir selbst in der Freizeit und im Urlaub weiter unter dem Druck stehen, jede freie Minute sinnvoll zu nutzen. Einmal einfach nichts tun, etwa gar ausruhen? Schlimm, schlimmer, ganz schlimm – der Ehepartner, der Vater, die Mutter als Faultier! Immerhin, man hat sich wenigstens vom Arbeitsplatz losreißen können.

Eine Umfrage der Initiative Gesundheit und Arbeit ergab nämlich, dass zwei Drittel der befragten 2000 Erwerbstätigen regelmäßig mehr als das vereinbarte Pensum arbeiten. Von diesen  65 Prozent fühlt sich jeder Fünfte durch die Erwartung des Arbeitgebers belastet, Mehrarbeit leisten zu müssen. Und das statistische Bundesamt hat im Jahre 2012 ermittelt, dass die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigenstunde von 1991 bis 2011 um knapp 35 Prozent gestiegen ist.

Ein Burnout als letzte Konsequenz zwingt Menschen auf sehr radikale Art, ihr Verhalten, ihre Einstellungen und Überzeugungen zu überdenken, weil es, wie sie bisher gelebt haben, nicht funktioniert. Körper und Geist senden dann Alarmsignale, bevor es zur völligen Erschöpfung kommt. Wie gravierend es sein kann, Gier und angeblichen sozialen Aufstieg den Vorrang zu geben, schildert die Insiderin Sandra Navidi in ihrem Buch "Superhubs" (das sind die Superreichen der Finanzindustrie) an den Besessenen des Mammons.
"Die 100-Stunden-Woche ohne jegliches Selbstbestimmungsrecht oder die Möglichkeit, Grenzen zu ziehen, fordert ihren Tribut. In der Finanzwelt zu arbeiten, ist ein Lebensstil, eine Alles-Oder-Nichts-Kultur, bei der man entweder die Spielregeln akzeptiert ... oder rausfliegt.

Viele Menschen sind mit Mitte Vierzig ausgebrannt und verlassen den Finanzbereich und speziell das Investmentbanking. Wenn Banker sagen 9-5 Uhr, dann meinen sie natürlich nicht 5.00 Uhr am Nachmittag, sondern 5.00 Uhr am nächsten Morgen. Die Selbstmordrate unter Topbankern im Nachgang der Finanzkrise verzeichnete einen deutlichen Anstieg. Statistisch gesehen ist die Gefahr für einen Banker, Selbstmord zu begehen, 39 Prozent höher als beim Rest der erwerbstätigen Bevölkerung."

Führen wir uns noch einmal die Konsequenzen unserer Hektik vor Augen
Der Stress am Arbeitsplatz gefährdet die Gesundheit der Arbeitnehmer, auch weil diese sich selbst unter Druck setzen. Knapp drei Millionen Beschäftigte haben sich nach einer Studie mit Medikamenten aufgeputscht, um den Leistungsdruck im Büro besser auszuhalten. Zu solchen verschreibungspflichtigen Leistungssteigerern zählen Medikamente zur Behandlung von Demenz, Depressionen der Aufmerksamkeits- und Schlafstörungen. Um nach der Arbeit wieder zur Ruhe zu finden, werden Benzodiazepine geschluckt, die alle ein verstärktes Suchtrisiko aufweisen.

Und so wird der Druck empfunden: 18 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten stoßen oft an ihre Leistungsgrenzen, 23 Prozent machen gar keine Pausen mehr. Jeder Achte kommt sogar krank zur Arbeit. Trotzdem weiß jeder Dritte nicht mehr, wie er den an ihn gerichteten Ansprüchen genügen soll. Werden zu hohe Ziele trotzdem erreicht, gelten diese sofort als neuer Maßstab.
Erinnern wir uns: Vor 1989 feierte man in der Bundesrepublik Deutschland den 17. Juni als Tag der Einheit. Doch wogegen hatten die Bewohner der DDR demonstriert? Gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen! Zeit wird’s, dass die Gewerkschaften solche Demonstrationen wieder organisieren. Mit der Pilotengewerkschaft als Vorbild.

Längst ist bereits der Nachwuchs angesteckt und beklagt, keine Freizeit mehr zu haben, weil durch die vielen Hobbys, die auszuüben sind, keine Zeit zur Entspannung mehr bleibt. Ach, wie gut hatten wir es noch zu unserer Kindheit. Wir brauchten keine Ballerspiele, bei denen auf der Spielekonsole die Gegner umgemäht werden müssen. Wir hatten die Trümmergrundstücke noch vor der Haustüre, in denen wir rumtoben konnten, wir spielten sozusagen in der Realität.

Aber wird eigentlich etwas erreicht mit der gesamten Hektik?  Ausgelieferte Fahrzeuge müssen erstmal zur Nacharbeitung in die Werkstatt, große Bauvorhaben werden endlos nie fertig, die deutsche Bundeswehr übt mit schrottreifen Fahrzeugen, Fliegern, Hubschraubern und Panzern die Eigenverteidigung, Straßen und Brücken zerfallen, die Städte sind pleite.

Schöne neue Welt trotz aller Anstrengungen. Oder sehen wir einmal den deutschen Außenminister oder unsere Kanzleuse. Bei Genscher befürchtete man noch, er würde sich einmal selbst am Flughafen begegnen. Die heutigen Politiker jedoch muss es in der Tat in mehrfacher Ausfertigung geben. Schlafen die eigentlich mal oder werden wir Bürger am Ende von unausgeschlafenen Ministern regiert, die mehrmals am Tag vor ein Mikrofon gestellt werden, dort etwas von sich geben, was man ihnen aufgeschrieben hat, dann wieder eingepackt und an den nächsten Verhandlungsort verfrachtet werden?

Und was kommt raus dabei? Wie sagte Angela Merkel vor einer weiteren Nachtsitzung zur Rettung Griechenlands zu den Reportern so treffend: „Erwarten Sie keine Lösung, erwarten Sie keinen Durchbruch.“ Wie schafften das eigentlich die alten Römer oder Alexander der Große, Weltreiche zu errichten?

Wann ist es auch bei Ihnen soweit, dass der Burnout zu erwarten ist?
Sie finden keine Erholung mehr, selbst ein Urlaub hilft Ihnen nicht, Ihre Erschöpfung zu überwinden. Nichts kann Sie mehr richtig motivieren, sie quälen sich durch Ihren Job und den gesamten Alltag. Alle Energie ist verflogen. Appetit weg, Lust weg, nur noch schlafen wollen, eben total matt. Doch wie schlafen, wenn Sie selbst im Bett keine Ruhe mehr finden? Die Folge von allem: Sie ziehen sich zurück, wenden sich von der Umwelt ab, werden zynisch und finden keinen Sinn mehr in dem, was Sie tun. Und am Ende finden Sie keinen Sinn mehr darin, überhaupt weiterleben zu wollen, besser: zu müssen, weil man es von Ihnen erwartet. Exitus? Bloß nicht, aber höchste Zeit zur Änderung.

Welche Hilfen gibt es für Gehetzte?
Zuerst einmal die üblichen Ratschläge, wie genügend Schlaf als natürliche Heilquelle, sich Zeit für Nichtstun reservieren, sich mit Freunden treffen und vor allem, das Smartphone abschalten. Doch letzteres müssen Sie, wie bei jedem Entzug, richtiggehend trainieren.

Ich empfehle Ihnen ein paar Möglichkeiten, die wirklich helfen können
Machen Sie Ihren nächsten Urlaub, mitsamt der Familie, auf einem herkömmlich bewirtschafteten Allgäuer Bio-Bauernhof und kommen dabei erst gar nicht auf die Idee, Ihr Smartphone mitzunehmen. Bevor Sie losfahren, prägen Sie sich die Strecke auf einer Landkarte ein, die Sie während der Fahrt genauso wenig benutzen wie Ihr Navi. Dies ist eine gute Übung für Ihre Konzentration. Arbeiten Sie auf dem Hof mit. Ihre Kinder wird es freuen, besonders wenn sie in Kontakt mit den Tieren kommen, richtigen Tieren, keinen lila Kühen mit Schriftzug.

Buchen Sie regelmäßig eine Wanderung mit Lamas oder Alpakas oder auch einem langohrigen Grautier. Aber Vorsicht, die sind verdammt intelligent und keineswegs zu Eseleien zu verführen. Auch Kräuterwanderungen sind ein guter Weg zur Erkenntnis und neuen Erfahrungen, die sich gut im Alltag nutzen lassen.

Erlernen Sie Qi Gong oder Tai Qi. Eine gute Möglichkeit bietet Zen für den Alltag als Weg zu innerer Freiheit. Innere Freiheit bringt auch ein Trommelkurs oder Sie erlenen das Springen auf einem Mini-Trampolin. Naheliegend wäre jetzt auch Joggen und ein 100-km-Lauf oder gar ein Survival-Training. Lassen Sie es, Sie trainieren dabei bereits wieder, sich durchsetzen zu wollen, die Konkurrenz abzuhängen, möglichst die Ellenbogen einzusetzen. Es soll ja gut sein, das Überleben und Arbeiten im Team zu erlernen. Doch wem nützt das eigentlich, Ihnen oder der Firma? Also: Cui bono?

Genauso wie Sie lernen müssen, Ihren inneren Schweinehund zu überwinden, müssen Sie auch lernen, Ihrem inneren Schweinewauwau mal recht zu geben und – gar nichts zu tun. Und falls es Ihr Chef nicht gleich begreifen will, machen Sie das Gleiche wie es eine Kassiererin im Supermarkt tat, hängen Sie ein Schild an Ihren Arbeitsplatz: „Ich lasse mich nicht hetzen. Ich bin hier auf der Arbeit und nicht auf der Flucht.“

Vor allem bleiben Sie sich selbst treu. Oder wie es die Managementtrainerin Gundula Nussbaum aus Sauerlach ausdrückt: „So, wie Du bist, bist Du richtig.“ Da bleibt kein Platz für schlechtes Gewissen, zu hoch gesteckte Hürden, persönlichen Druck und selbstgemachten Stress. Der positive Abschluss eines Wandlungsprozesses stärkt die menschliche Selbstwirksamkeit, die Überzeugung, es schaffen zu können mit Selbstvertrauen, Optimismus und Einsatz der Kräfte. Resilienz und Widerstandsfähigkeit werden gestärkt, neue Kraftquellen wie Mut, Durchhaltekraft, Freude und Zufriedenheit werden gefunden und aktiviert.

Gibt es eigentlich eine generelle Lösung für das Problem der ständigen Beschleunigung? Und wenn, warum lehnt man sie ab? Als zu Beginn dieses Jahrhunderts Deutschland angeblich den „kranken Mann“ Europas gab, erfand Gerhard „Basta“ Schröder, unter Genossen damals noch als Doris ihr Mann bekannt, zusammen mit dem Arbeitsminister Peter Hartz die neuen Sozialgesetze hierzulande. Bekannt sind diese Gesetze unter Hartz IV und Alg. II, mit denen die Zahl der Arbeitslosen gesenkt wurde und massiv Arbeitsplätze geschaffen wurden. Arbeitsplätze? Na ja, jedenfalls sowas ähnliches. Ein-Euro-Jobs, Leiharbeit, Werksverträge, also alle Arten von Billiglohn-Angeboten. Das also sollte die Lösung sein.

Es war kein Sozialromantiker, sondern der Gründer der erfolgreichen Drogeriemarktkette dm, Götz Werner, der das „bedingungslose Grundeinkommen“ zur Debatte stellte. Aua! Menschen dafür bezahlen, dass sie nichts arbeiten würden, bloß noch faulenzten. Täglich RTL II und ein Kasten Oettinger. Können Sie sich das vorstellen, Tag für Tag? Natürlich nicht, denn es läuft dem menschlichen Wesen total entgegen. Wäre es wirklich so, hätten unsere Vorfahren jemals die Baumwipfel verlassen? Oder hätte sie Gott hochkant aus dem Paradies verjagen sollen, wenn die beiden Tröpfe mit Nichtstun und Nichtswissen zufrieden gewesen wären? Seien wir doch ehrlich, auch wenn die Bezeichnung dafür wehtut.

Das „bedingungslose Grundeinkommen“ ist in den Augen vieler ein eklatanter Verstoß gegen die kapitalistische Sklavenhaltung. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder Mensch selbstverantwortlich seine eigene Arbeit machen würde. Gab’s schon mal? Im Mittelalter? Ach, deshalb hat man dieses Zeitalter abgeschafft.

So darf das nicht gehen. Absolut ohne „Wir da oben, ihr da unten“. Danach richtet sich natürlich auch die Bezahlung für die geleistete Arbeit. Der Billiglöhner bleibt als Aufstocker mit Hartz IV unter der Armutsgrenze, die Chefs der 40 deutschen im Dax gelisteten Unternehmen dürfen voll zulangen, wie Martin Winterkorn von VW mit 15,86 Mio. Euro im letzten Jahr. Und das hat er verdient? Verdient wohl nicht, aber erhalten. Dafür trug er aber auch die Verantwortung, hat Wachstum geschaffen. Ja, ja das Wachstum. Was ist denn so alles gewachsen in der letzten Zeit? Zum Beispiel:

Die Mikroplastikteilchen in bayerischen Seen. 30 Jahre nach Tschernobyl sind noch immer tausende Wildschweine radioaktiv belastet. Naturkatastrophen verwüsten ganze Landstriche, lassen Inseln versinken. Schönen Gruß noch von „Niklas“, der weite Teile Deutschlands praktisch „stilllegte“. Die Polkappen schmelzen. Der IS planiert erfolgreich weite Teile von Syrien, Libyen, Nordirak. Genug Wachstum? Horror ist im Kino so viel schöner.

Sie finden auf dieser Webseite viele Anregungen für eine selbstbestimmte eigene Arbeit. Arbeit, die Spaß macht und in der Lage ist, die Menschheit weiter voran zu bringen. Sie sollten die einzelnen Artikel durchlesen und ins eigene Leben integrieren.
Und wenn man uns zwingen will, weiterhin Sklavendienste zu verrichten? Leute, wir sind die mehreren! Denkt mal wieder an eine erfolgreiche Losung aus der Arbeiterbewegung: „Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will.“ Dann muss auch Amazon klein beigeben. Es müssen nur eben alle den Mut dazu haben.


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