gelesen
in Geldbrief 10/2013, www.geldbrief.com:
DAX
auf Allzeithoch?
Ja
und nein, man sollte die besondere Konstruktion des DAX beachten,
denn er
berücksichtigt, beinhaltet Dividendenzahlungen. Ohne diese
eingerechneten
Dividenden fehlen immer noch 30 Prozent zu den Hochs vom Jahr 2000
(siehe
Geldbrief 03/2013). Dass die Gewinnerwartungen der Unternehmen
rückläufig sind,
muss kein schlechtes Zeichen sein, schließlich markiert erst die
Euphorie das
Ende der Hausse.
Die
Quintessenz:
Früher als erwartet sind die Aktienmärkte wieder angesprungen.
Solange die Zentralbanken "die Kurse machen" und es keine Alternative
zu Aktienanlagen gibt, ist ein Ende der Börsen-Hausse nicht in Sicht.
Am
1. Juli 2013 feiert Deutschlands meistbeachteter Börsenindex, der DAX,
sein
25-jähriges Jubiläum. Trotz der kräftigen Kursanstiege in den
vergangenen
Monaten und einer Kursverdreieinhalbfachung seit Frühjahr 2003 dürften
allerdings nur die wenigsten Anleger Grund zum Feiern haben.
Der
Grund:
Die meisten Anleger haben nach mehreren heftigen Rückschlägen in den
vergangenen zehn Jahren das Handtuch geworfen und Aktien den Rücken
zugekehrt.
Derzeit sind nur etwa 4.3 Prozent der Bevölkerung direkte Aktionäre und
der
Anteil des Aktienvermögens am Gesamtvermögen beträgt ebenfalls
lediglich
vier Prozent. Als der DAX im Jahr 2000
seinen Höchststand erreichte, lag das in Aktien angelegte Vermögen in
Deutschland bei rund 14.5 Prozent des Gesamtvermögens. Damals wurden
nach
Angaben des DAI im Jahr 2001 ein Rekordstand von 12.8 Millionen direkte
und
indirekte (über Aktienfonds) Aktionäre gezählt.
Dass
die Mehrzahl der Sparer Aktien meidet und stattdessen lieber in
riskante
Staatsanleihen mit garantierter Wertvernichtung investiert, hat aber
noch einen
anderen Grund: Die Mehrzahl der Manager eines Unternehmens
schaffte es in den vergangenen 25 Jahren
DAX-Geschichte nicht, einen Mehrwert für das Unternehmen und die
Aktionäre zu
schaffen.
Wir
haben die DAX-Historie seit 1988 analysiert und kommen zu einem
ernüchternden
Ergebnis: Langfristig brachte nur ein Sechstel der Manager eine
deutlich höhere
Wertsteigerung zustande als der Index. Im Klartext: Nur fünf DAX-Werte
schneiden in diesem Zeitraum markant besser ab als der Index und über
80
Prozent der 30 Einzelwerte haben langfristig enttäuscht.
Schlussfolgerung:
Wichtigstes Kriterium bei der Aktienanlage ist neben dem Timing die
Selektion
der am besten geführten Unternehmen.
- Eingeführt
wurde der DAX am 1. Juli 1988 mit einem Indexstand von 1'163.52
Punkten.
Ausgehend von einem auf den 31.12.1987 normierten Indexstand von 1.000
Punkten
benötigte der DAX rund sechs Jahre, um am 8. Oktober 1993 erstmals die
Marke
von 2.000 Indexpunkten zu überschreiten.
- Die
3.000er Marke erreichte der DAX drei Jahre später, am 17.1.1997 wurde
erstmals
die Schwelle von 3.000 Punkten geknackt.
- Sechs
Monate später fiel die 4.000er Marke am 8.7.1997.
- Neun
Monate darauf erreichte der Index am 20.3.1998 erstmals die Schwelle
von 5.000
Punkten.
- In
den Bereich von 6.000 Punkten vorstoßen konnte der DAX am 8.7.1997.
- Mitte
Juli 2007 erreichte der DAX mit 8'151 Punkten in Handelsverlauf eine
neue
Bestmarke. Der höchste Schlusskurs wurde mit 8'092 Punkten erreicht.
Bis zum
Erreichen einer neuen Bestmarke dauerte es dann wieder fast sechs Jahre
und im
Mai 2013 durchbrach der DAX erstmals die Schallmauer von 8'200 Punkten.
Wie
schwach die Mehrzahl der DAX-Mitglieder aber im Zeitraum von rund 25
Jahren
abgeschnitten hat, wird anhand des Index nicht deutlich. Paradepferde
wie
Allianz, Daimler, Deutsche Bank, Deutsche Telekom und Siemens notieren
heute
immer noch zwischen 30 und 50 Prozent unter ihrem Allzeithoch (ohne
Dividenden)
und einzelne Titel wie Commerzbank verloren sogar 90 Prozent ihres
Börsenwertes. Die Aktien, mit denen an der deutschen Börse der
Löwenanteil der
Umsätze generiert wird, brachten unter dem Strich also eher Verluste.
Schlussfolgerung: Kaufen, was alle kaufen und was bekannt ist, bringt
unter dem
Strich keinen Erfolg; nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.
Dabei
haben sich die Gewichte in der Zusammensetzung des Index massiv
verschoben. Auf
das Trio Allianz, Deutsche Telekom und Siemens entfiel im Jahr 2000
noch gut 45
Prozent des gesamten Börsenwerts. Aktuell bringen die Drei nicht einmal
mehr
die Hälfte auf die Waage.
Fazit:
Eine "buy and
hold-Strategie" brachte beim DAX seit 1988 eine Rendite von etwa 8.5
Prozent p. a. inklusive Dividenden. Ohne die Ausschüttungen fällt das
Resultat
noch magerer aus, denn der DAX-Kursindex notiert derzeit immer noch ein
Drittel
unter seinem Rekordpegel aus dem Jahr 2000.
Besser
hatten es da Anleger in den USA. Dort schaffte der Dow Jones auch ohne
den
Rückenwind aus Dividendenerträgen ein neues Rekordhoch.
Schlussfolgerung: Die
Beimischung ausländischer Werte in ein Aktiendepot macht also durchaus
Sinn.
Analysiert
man
die Kursbewegungen des DAX in den vergangenen fünf Jahrzehnten, kommt
man
zu einem überraschenden Ergebnis. Die zwölf aufgetretenen größeren
Abwärtsphasen des DAX infolge Rezession, Finanzkrise oder
Überspekulation
dauerten im Schnitt etwa 18 Monate und brachten Verluste im
Durchschnitt von
etwa 40 Prozent. Die bislang längste und verlustreichste Durststrecke
des DAX dauerte
36 Monate und brachte Kurserosionen von mehr als 70 Prozent. Die
beobachteten
Aufschwungphasen dauerten mit durchschnittlich mehr als 24 Monaten aber
deutlich länger als die Abwärtsspiralen und brachten mit einem Anstieg
zwischen
25 und 268 Prozent auch erheblich höhere Zuwachsraten. Im Schnitt
brachten die
Haussephasen fast 100 Prozent Kursgewinn. Trotzdem werden die
Abschwungphasen
von Investoren "gefühlsmäßig" stärker gewichtet als die Phasen mit
einer satten Ernte.
Und
gibt es noch etwas Besseres
als den DAX mit seinen bekannten Schwergewichten? Ja, der MDAX in der
zweiten Reihe: Frischzellenkur für den MDAX in diesem Jahr.
Nicht, dass er sie mangels schlechter Performance nötig hätte (neues
Allzeithoch bei 13'940 Punkten), aber ein Erfolgsrezept des
Nebenwerteindex ist
der kontinuierliche Austausch von schwächelnden Aktien gegen Papiere
von
erfolgreichen Unternehmen. Durch diesen permanenten
Selbstreinigungsprozess
wird die Messlatte hochgehalten. Im Juni, spätestens aber im September
ist es
wieder soweit.
Die
Besonderheit:
In diesem Jahr stehen jede Menge Direkteinsteiger bereit, die
aufgrund ihrer schieren Größe nicht mehr den Umweg über den SDAX nehmen
müssen.
Diverse Börsenneulinge reihen sich in die Liste der potenziellen
MDAX-Kandidaten ein (siehe Geldbrief 08/2013). Fast sichere Anwärter
sind
allesamt das Immobilienunternehmen LEG Immobilien (seit Februar an der
Börse),
der Spezialchemiekonzern Evonik (siehe Geldbrief 09/2013) sowie der
seit Mai
auch an der Frankfurter Börse gelistete Medienkonzern RTL Group. Hinzu
kommen
ab spätestens Juli der Leuchtenhersteller Osram (Spin-Off der Siemens
AG) sowie
der weltweit zweitgrößte Gabelstaplerproduzent KION (ehemalige Sparte
der Linde
AG). Somit ist sicher: Der MDAX, einer unserer Favoriten im Musterdepot
TOP
TEN, wird an Marktkapitalisierung und Liquidität zunehmen. Das mögen
vor allem
institutionelle Investoren. Der "Nebenwerteindex" MDAX wird also
immer weiter an Bedeutung gewinnen.
Stichpunkt:
Staatsschuldenkrise:
Was
lange währt, wird endlich gut! Nach langen Jahren des Stillstands hat
Griechenland endlich die erste größere Privatisierung einer
Staatsbeteiligung
erfolgreich abgeschlossen. Ein Paket von 33 Prozent an der
Lotteriegesellschaft
OPAP ging für 712 Millionen Euro an ein griechisch-tschechisches
Konsortium
unter Beteiligung des italienischen Wettbewerbers Lottomatica. Der
Verkaufspreis für die OPAP-Aktien lag genau bei unserem im vergangenen
Jahr
prognostizierten Kursziel (siehe Geldbrief 13/2012). Leider wurden wir
damals
bei großen Kursschwankungen zu früh ausgestoppt.
Nun
nimmt der Privatisierungszug weitere Fahrt auf. Bis zum 20. Mai müssen
verbindliche Gebote für die staatlichen Gasversorger DEPA und DESFA
abgegeben
werden. Gleichzeitig kommt die griechische Telekom (OTE) beim
Schuldenabbau
voran (Staatsbeteiligung von 10 Prozent). Für 717 Millionen Euro wurde
die
bulgarische Mobilfunktochter Globul (Marktanteil von 36 Prozent) an die
norwegische Telenor verkauft (siehe auch Geldbrief 18/2012 sowie
13/2012). Beim
Einstieg hatten wir damals ein gutes Timing, die OTE-Aktie notiert
mittlerweile
sogar in der Nähe des Zweijahreshochs.
Auch
die Rekapitalisierung der vier Großbanken (National Bank of Greece,
Eurobank,
Alpha Bank, Bank of Piräus) macht Fortschritte. Bis auf die Eurobank
konnten
alle Institute frisches privates Kapital auftreiben, um eine komplette
Verstaatlichung zu vermeiden. Diese Entwicklung stellt eine bedeutende
Zäsur in
der europäischen Schuldenkrise dar. Durch den Verkauf vieler
werthaltiger
Beteiligungen erhält Griechenland nun leichteren Zugang zu weiteren
Hilfsgeldern. Damit entweichen auch die Risikoaufschläge am Markt für
europäische Staatsanleihen insgesamt. Sinkende Zinsen für große
Schuldner
(Italien, Spanien) sorgen dann für ein positives Momentum auch am
Aktienmarkt
und treiben dort die Kurse weiter in die Höhe.
Mit
freundlichen Grüßen
Hans-Peter
Holbach, Herausgeber
Geldbrief