Karlsruhe
bremst Staatsanwälte
Das
Bundesverfassungsgericht beendet eine Unsitte bei Hausdurchsuchungen.
Es kam
immer wieder vor, dass Staatsanwälte nicht abwarten wollten, bis ein
Richter
über den von ihnen gestellten Durchsuchungsantrag entschieden hat.
Stattdessen
ordneten die Staatsanwälte dann die Durchsuchung doch noch selbst an –
wegen
„Gefahr im Verzug“.
Diese
Praxis ist verfassungswidrig, urteilt das Bundesverfassungsgericht in
drei
Beschlüssen. Sobald der Staatsanwalt den Durchsuchungsbeschluss – wie
vom
Gesetz vorgesehen – beantragt hat, endet seine Zuständigkeit. Er kann
dann auch
nicht mehr die Durchsuchung wegen „Gefahr im Verzug“ anordnen, bloß
weil sich
der Richter (aus seiner Sicht) übermäßig viel Zeit lässt.
Es
gibt nämlich durchaus Richter, die in Eilfällen nicht jeden
Durchsuchungsbeschluss wie gewünscht telefonisch erlassen – wobei eine
mündlich
Anordnung zumindest in einfach gelagerten Fällen durchaus zulässig ist.
Vielmehr bestehen diese Richter dann auf nähere Informationen oder gar
auf
Vorlage der Ermittlungsakte. Das kostet natürlich Zeit. Aber die
Grundrechte
gebieten es laut der Karlsruher Entscheidung, sich diese Zeit zu
nehmen.
Jedenfalls darf das Ermessen eines Richters, wie und vor allem wann er
einen
Fall entscheidet, nicht dadurch ausgehebelt werden, dass der
Staatsanwalt
„Gefahr im Verzug“ bejaht und die Durchsuchung kurzerhand selbst
anordnet.
Das
Bundesverfassungsgericht weist bei dieser Gelegenheit noch mal darauf
hin, das
Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung sei ein hohes Gut. Deshalb
müsse
in der Regel der Richter über eine Durchsuchung entscheiden. Die
Anordnung
durch den Staatsanwalt wegen „Gefahr im Verzug“ müsse die Ausnahme
sein. Es sei
auch Sache der Ermittlungsbehörden nachvollziehbar zu dokumentieren,
dass die
Voraussetzungen für „Gefahr im Verzug“ vorlagen (Aktenzeichen 2 BvR
2718/10, 2 BvR 2808/11, 2 BvR 1849/11).
Aus
: https://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/07/15/karlsruhe-bremst-staatsanwaelte/
Hierzu
zwei Bemerkungen:
– Die Sache sieht einfach aus: Dann fragt der Staatsanwalt halt gar nicht
erst den Richter, sondern schreit sofort "Gefahr im Verzug!".
–
Das sieht der BGH aber gar nicht gerne. In Fällen von falscher "Gefahr
im
Verzug" hat er auch schon Beweisverwertungsverbote ausgesprochen. BGH
Urteil vom 18. 4. 2007 (5 StR 546/06) NJW 2007, 2269
Literatur-Tipp:
Der
schon etwas in die Jahre gekommene 250-Seiten-Geheimreport "Schach dem
Staatsanwalt" (anonymer
Verfasser), wird gelegentlich über Untergrundverlage im Internet angeboten. Falls HIER nicht mehr kostenlos erhältlich, neue
Bezugsquellen ergoogeln.
Ein praktischer Ratgeber für die Strafverteidigung für Nichtjuristen ist:
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